Faderführung

Am 2. April 2009 findet erstmals die Veranstaltung »Faderführung« in der Stadtwerkstatt statt. Grund genug für Ulrich Nausner, hier sein Konzept dieser Reihe vorzustellen und jene hochkarätigen Gäste anzukündigen, die wohl überwiegend nicht mehr vorgestellt werden müssten.

Das Konzept verknüpft literarische Texte von AutorInnen aus dem Bereich der Popkultur (im speziellen HipHop aber auch Rock, Pop ect.) mit einem DJ für den musikalischen Ausklang. Ziel ist es einerseits ein durchaus jüngeres Publikum für zeitgenössische Sprachkunst zu begeistern und andererseits deutschsprachigen (bzw. Dialekt/Mundart) LiteratInnen und SongschreiberInnen ein – stark auf die Texte orientiertes – Forum für ihre Werke zu bieten.
Gelesen wird in je zwei zehnminütigen Blöcken pro AutorIn. Dies sorgt für eine schöne Abwechslung. Erwünscht sind alle literarischen Werke, die während oder neben der Tätigkeit als MusikerIn und SongtexterIn entstanden sind. Der Großteil der eingeladen Gäste hat ohnehin schon Bücher veröffentlicht oder plant dies in Zukunft. Anschließend wird ein DJ für die Untermalung einer gemütlichen Runde sorgen, ob für Gespräche, Diskussionen oder sogar zum Tanz anregen. Soweit zum Konzept an sich. Kommen wir nun zu den Gästen für die erste Runde.

Markus Binder / Attwenger (Linz)

Markus Binder ist seit fast zwei Jahrzehnten Schlagzeuger und Sänger der legendären Linzer Gruppe Attwenger. Diese gilt als eine der innovativsten Bands Österreichs und verschmilzt auf einzigartige Weise Volksmusik mit Punkrock, Hip-Hop und Drum & Bass. Die außergewöhnlichen Texte der Gruppe sind in oberösterreichischer Mundart verfasst und mit poetischen und sprachkünstlerischen Stilmitteln gespickt. Neben seiner Tätigkeit als Produzent und Musiker, ist Markus Binder auch als Autor aktiv. Sein Buch »Testsiegerstraße« ist 2005 im Verbrecher Verlag Berlin erschienen. Außerdem ist er gerade dabei, ein neues literarisches Werk fertigzustellen.

Nina Sonnenberg / Fiva (München)

Fiva Mc aus München ist eine der wenigen Damen im deutschsprachigen Rapzirkus. Sie ist seit nunmehr fast zehn Jahren am Mikro aktiv und ohne Zweifel eine der sprachgewandtesten Performerinnen ihrer Zunft. Doch auch in der Poerty-Slam Szene ist Nina Sonnenberg bei Weitem kein unbeschriebenes Blatt. Die diplomierte Soziologin begeistert seit einigen Jahren durch ihre stimmgewaltigen Performances und kann schon auf einige Slam-Titel verweisen. Darüber hinaus ist Fiva auch als Radiomoderatorin für den Bayrischen Rundfunk und in ihrer eigenen Sendung »Ponyhof« auf FM4 tätig und veröffentlichte bereits ein Spoken Word Album. Ihr soeben neu erschienenes, drittes Rap-Album »Rotwild« wurde vom Linzer Produzenten Flip (Texta) mit Beats versorgt.

Johannes S. Mantl / Raptoar (Salzburg)

Der junge Ausnahmerapper aus Salzburg ist mit Sicherheit einer der besten Performer im österreichischen Rap-Geschehen. Er verfasst seine Texte sowohl in Salzburger Mundart, als auch in Hochdeutsch und Englisch. Sein 2008 auf den Linzer Label Tonträger Records erschienenes Album »Roar – 1000 Bars« ist wohl eine der kompromisslosesten Varianten lyrischer Schöpfung der österreichischen HipHop-Geschichte. Hier werden streng nach Konzept 1000 Takte hochgradig anspruchsvoller Texte in Mundart, ohne klassische Songstrukturen, über düstere Instrumentale gelegt. Virtuose Tempiwechsel und Stimmbeherr-schung der Extraklasse inkludiert. Die durch die Dichte des textlichen Werkes entstehende, bewusste Überforderung der HörerInnen, macht Raptoar, auch ohne musikalische Untermalung, zu einem interessanten Autor und Performer.

DJ Twang / Linkmen (Linz)

Mitte der 90er Jahre entdeckte Twang seine Leidenschaft für HipHop, insbesondere das Element des DJing. Seit nunmehr über zehn Jahren ist er hinter den Turntables in verschiedenen Formationen wie Rückgrat, Markante Handlungen, Die Unsichtbaren und Linkmen tätig. Seit einiger Zeit widmete sich Twang nebst dem DJing zunehmend der Produktion von Tracks und erweitert seinen musikalischen Horizont in Richtung elektronischer und experimenteller Musik. 2007 ist sein erstes Soloalbum »Code Complex« erschienen. BesucherInnen erwartet eine feine Selektion aus HipHop, elegant gemixt mit Beatmusik mit elektronischem Einschlag.

»Faderführung« am 2. April, 20.00 Uhr im Saal der Stadtwerkstatt.

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handy (von Markus Binder)

was hat sich also nun geändert seit dem letzten mal: das licht.
das licht, das von der sonne kommt ist kühler geworden, schräger, richtung herbst, im universum gibt es ständigen nachschub von explodierenden supernovae, deren reste zum material fuer neue sterne und planeten werden. dieses kleine geschützte sonnensystem hier ist eine nische kosmisch gesehen, ziemlich ruhig und sicher. was sich noch geändert hat: der sound, das rascheln der blätter klingt flacher, nicht mehr so aufgebauscht, feiner, rieselnd, die dusche ist kaputt im freibad, wenn auch immer noch in betrieb, was für die einen kaputt ist, ist für die anderen ok. das wasser haben sie aus dem becken rausgelassen, das becken ist jetzt leer, der himmel ist bedeckt, ein mann mit seiner tasche überquert die grosse betonierte liegefläche, die aufmerksamkeit hat sich verkürzt, das eine wird vom nächsten abgelenkt, überschwemmt, der geruch des regens ist so angenehm, regen, der auf warme sachen fällt, das geschrei des publikums, das absperren der sicherheitszone, das punktweise zunehmen der verdunkelung der betonfläche, mit jedem regentropfen ein dunkler punkt mehr auf der fläche, können sie mir sagen, wann dieser regen wieder mal aufhört, sie wissen doch sonst immer alles so gut, sind sich doch sonst auch immer so sicher, auch wenn es nur um ihr beklopptes handy geht oder auto, haben affen auch handys, können affen sich auch sicher sein oder ist es das ausstrahlen dieses sicherheitsgefühls, das uns hier so auf den wecker geht, diese scheussliche wirkung der sicherheitskräfte auf uns, wieder ein schuss knapp am tor vorbei. nach dem gejaule der leutemeute zu schliessen.