Er meint es im Ernst

Alles, was Sie über Heinrich Staudinger wissen müssen, um ihn vergessen zu können.

I. Warum sachlich, wenn‘s auch persönlich geht

Als intellektuelle Übung wie auch als literarische Äußerungsform ist Kritik dadurch gekennzeichnet, daß sie zwar an eine bestimmte Person adressiert ist, aber die Person nicht unmittelbar ihr Gegenstand ist, weil eine jede Kritik der Sache gilt, für welche die Person einsteht. Das zutiefst Humane noch der schonungslosesten Kritik liegt gerade in ihrer gerne fälschlich als »inhuman« gescholtenen Kühle beschlossen, in der bestimmten Abstraktion, deren sie sich befleißigt: die Person, an die die Kritik adressiert ist, interessiert sie nur funktional, d.h. als Repräsentant oder Träger einer bestimmten Meinung oder eines Urteils, während ihr »der Mensch dahinter« herzlich egal und das Verhalten der Person nur von Belang ist, soweit es der zur Rede stehenden Sache entspringt. Geschäftgrundlage aller Kritik ist mit anderen Worten die Annahme, daß die adressierte Person ein in sich widersprüchliches Wesen ist, d.h. daß sie selbst zwischen sich als privater und in der Öffentlichkeit agierender Person unterscheiden kann, daß sie auch und vor allem zu der von ihr – wie leidenschaftlich auch immer vertretenen – Sache ein distanziertes und durch Kritik aufklärbares Verhältnis unterhält. Und diese Fähigkeit zur Selbstdistanz ist wiederum nichts anderes als eine Minimalbestimmung eines freien und aufgeklärten Umgangs von Menschen miteinander.
Freilich ist der Kritiker sowohl in Ausübung seiner Tätigkeit als auch als Privatperson tagtäglich mit Leuten konfrontiert, deren ganzes Tun offensichtlich darauf gerichtet ist, diese Grundannahme um jeden Preis und mit allen verfügbaren Kräften zu widerlegen: penetrante Nervensägen, die eine fugenlose Identität zwischen sich und einer Sache behaupten, mit der sie anderen andauernd auf den Geist gehen, während ihr ausgeprägtes Sendungsbewußtsein lediglich die in Wahrheit fehlende Beziehung zu irgendeiner Sache kompensiert, welche ihnen vielmehr nur als willkürlich und autoritär ergriffenes Vehikel enthemmter Selbstdarstellung dient. Und tatsächlich gibt es leider nicht wenige solcher fürchterlichen Figuren des sogenannten öffentlichen Lebens, die vergessen machen, daß es einen Unterschied zwischen privater und öffentlicher Person gibt, Schreckensgestalten, die selbstverständlich im Namen irgendeiner »guten Sache«, einer höheren Idee oder eines hehren Prinzips ihre gleichermaßen beschränkten wie unmaßgeblichen Meinungen in die Welt hinausposaunen und bei denen schlicht alles, angefangen von ihrem Verhalten, ihrem Auftreten, dem Inhalt sowie der Art ihres Redens und nicht zuletzt ihrem Aussehen auf eine peinigend-diabolische Weise zusammenpaßt und ineinandergreift, insofern sie in der Gesamtheit ihrer Existenz eine einzige fortgesetzte Beleidigung für Geschmack und Geist darstellen. In solchen Fällen wäre es unsachlich, Kritik nicht ad personam vorzutragen, sind es doch solche Leute höchstselbst, die ebenso freiwillig wie zwangshaft und sozusagen mit Haut und Haar als Verkörperung eines abstrakten Prinzips agieren und dadurch umgekehrt jede Sache zur bloßen Verlängerung ihrer völlig entkernten Person herabwirtschaften. Peinliche Personen dieser Art würden aber die Mühe der Kritik nicht verlohnen, wären sie in ihrer enervierenden Identitätsmasche nicht zugleich Personifikationen eines bestimmten Milieus oder einer gesellschaftlichen Tendenz, die sich ihn ihnen exemplarisch darstellt und ausspricht. Weil sie einen zutiefst gesellschaftlichen Charakter repräsentieren, sind sie in all ihren Facetten für die Kritik von Interesse.

II. Drah di ned um, der Staudinger geht um! oder: Sein und Pflanzn

Die Person, um die es im folgenden gehen soll, ist einer der prominentesten Inflationsheiligen und Provinzscharlatane und – nehmen wir die conclusio an dieser Stelle ruhig schon vorweg – rundweg eine einzige Plage, ein Quälgeist und in ihrer Art sicherlich eine der aufdringlichsten und ungustiösesten, ja vielleicht ist er derzeit der Allerunerträglichste von allen seines Schlages. Er, der in der Öffentlichkeit regelmäßig als »Querdenker«, »widerborstiger Schuhproduzent«, als »Wirtschaftsrebell« oder auch »Schuhrebell« präsentiert wird (was immer letzteres auch heißen soll), ist von Beruf Inhaber einer Firma, also Kapitalist. Er selbst sieht sich natürlich ganz anders, nicht als Kommandeur eines industriellen Prozesses, der Arbeit[s]kraft profitabel verwertet, sondern im Gegenteil als edler Spender, der dem niederösterreichischen Waldviertel Arbeit und Aufschwung beschert hat. Nun, das kennt man, das ist die übliche Propaganda, wie man sie vorzugsweise von Kleinunternehmern in der Provinz kennt, die etwa einem über mehrere Generationen geführten Familienbetrieb vorstehen und die nicht nur von ihrer selbstverständlich zumeist betriebsrats- und gewerkschaftsfreien Belegschaft die übliche Arbeitsleistung inclusive freiwilliger Überstunden verlangen, sondern darüberhinaus Dankbarkeit, Ehrerbietung und Loyalität von allen Einwohnern einer ansonsten industrieschwachen Region, in der sie monopolartig herrschen. Was etwa schwäbischen Kleinunternehmern billig ist, ist auch unserem Waldviertler Schuhfabrikanten recht, wobei schon auffällig ist, daß das, was die Öffentlichkeit bei ersterem als Unternehmerwillkür und Gutsherrngehabe beargwöhnen oder anprangern würde, bei letzterem nicht nur glatt durchgeht, sondern sogar noch bejubelt wird. Vermutlich ist die Anerkennung, ja die Verehrung, die er weit über die Region, in der er unheilvoll umgeht, hinaus erfährt, ganz einfach der Unverfrorenheit geschuldet, mit der er den üblichen altruistisch gefärbten Sermon eines Kleinunternehmers so dermaßen überdreht, daß alle vor solch schamloser Selbststilisierung kapitulieren. Liest man das, was er zu Papier bringt oder hört man seinen Reden zu, die er bei verschiedenen Gelegenheiten lauthals schwingt, merkt man schnell, daß den Fabrikanten ein Drang nach Höherem umtreibt: seine Firma sieht er weniger als ein profitorientiertes kapitalistisches Unternehmen an, das es zweifellos ist, sondern als »Arche Noah« der Schuhindustrie[1], auf der, bleibt man in der Logik des Bildes, sich die letzten Gerechten versammelt haben, von denen heute, vor der offenbar ersehnten Sintflut, die das verderbte konsumorientierte System hinwegspülen wird, die propagierte Erneuerung der Welt und des Menschengeschlechts ausgehen soll. Geht es noch eine Spur größenwahnsinniger? Aber immer: »Als einer der letzten Schuherzeuger Österreichs hods sö‘s ergebn, daß ma so a Art Wallfahrtsort worn san, wo die Leit kumman und schaun, wia machn wir des.«[2 ]Und keine absurde Dreistigkeit, die heutzutage nicht sofort von den sogenannten Medien sogleich verbreitet und verdoppelt würde: ein Portrait in 3sat spricht von GEA/Waldviertler Werkstätten ernsthaft als von einer »Pilgerstätte des bewußten Konsums«. Wenn schon eine Schuhfabrik ein Wallfahrtsort und das Produzieren von und der Handel mit Schuhen religiöse Handlungen sein sollen, dann verwundert es nicht, daß sich auch das Selbstverständnis des Waldviertler Schuhfabrikanten vorzugsweise in philosophischen, ja religiösen Dimensionen bewegt: er selbst sieht sich als uneigennützigen Vorkämpfer einer gerechteren, friedlicheren Welt und damit als eine Art Reformator und Erweckungsprediger, der mit Weisheiten wie etwa folgenden glänzt: »Es ist Zeit für neue Wege. So wie es jetzt läuft, geht alles kaputt. Die Natur… und jedes soziale Gefüge… Drum müssen wir uns heute noch auf den Weg machen, unsere enteigneten Welten – die inneren und äußeren – zurückzuerobern. Der Dienst am Lebendigen kräftigt, er schenkt Frische und Lebensfreude.«[3] Wie jeder Erleuchtete hatte natürlich auch der hier Portraitierte ein Erweckungserlebnis, von dem er oft und gerne erzählt: eine Mopedreise von Schwanenstadt nach Tansania, wo er von den dortigen Einwohnern folgendes gelernt haben will: »Es gibt im Leben nichts wichtigeres als das Leben«[4]. Und für solche Platitüden, die man sich noch nicht einmal in Poesiealben zu schreiben getraute, ist er wirklich nach Afrika gereist und den Leuten dort auf die Nerven gegangen? Schade um das kostbare Benzin – wobei unser Prophet dieses Bedauern nicht teilen wird, da er auf seiner Reise mit seinen profunden Weisheiten ja viel wertvolleren »Brennstoff« erworben hat, nämlich solchen »für Herz und Seele«[5]: »Aber vergessen wir nicht: in Wirklichkeit ist das wirklich Wichtige auf unserer Lebensreise, daß wir den göttlichen Funken, der uns als Same ins Herz gelegt ist, durch unser Leben zur Entfaltung und zur Blüte führen. Habe Mut und fürchte dich nicht.«[6] Gibt es wirklich niemanden, der bei solchen Stilblüten lauthals auflacht – wobei man sich fragt, wo hier ein Stil sein soll, wenn Samen »zur Blüte geführt« werden sollen? Wie soll das gehen? Der Erleuchtete mit Direktkontakt zu seinem inneren göttlichen Funken geht mutig voran, als Blüten-Führer sozusagen: »Wir lassen uns in alle möglichen Verpflichtungen verstricken, weil wir Geld brauchen… In diesem Dauerlauf durch den Alltag ahnen wir manchmal… daß wir das Wesentliche vom Leben vielleicht verpassen könnten… Meistens verlangt es dann eine Art von Ungehorsam, wenn man mit Entschlossenheit dem tieferen Sinn des Lebens dienen will… Von der anderen Seite aus betrachtet kann man diesen Ungehorsam auch Gehorsam nennen: nämlich der inneren Stimme zu gehorchen.«[7]
Ist da einer völlig übergeschnappt? Meint der das wirklich ernst? Und die ernüchternde Antwort: ja, das tut er, er unterzeichnet seine Kolumnen, die er für die Publikationen seiner Firma, mit denen er die Welt zumüllt, stets mit: »Das meint im Ernst Heini Staudinger« und bestätigt so die bange Ahnung, daß er den Stiefel, den er nicht produzieren läßt, sondern selber zusammenredet, auch wirklich glaubt. Er ist tatsächlich mit sich identisch und in dieser »ernsthaft« genannten Verbohrtheit begreift er natürlich nicht, wie sehr er sich mit jedem Satz selber demaskiert, viel ärger, als wenn man ihn frontal kritisierte. Was er sich selber zugutehält und anderen fortwährend als erstrebenswertes Verhalten empfiehlt, ist also in seinen eigenen Worten ein Ungehorsam, dessen Kehrseite ein Gehorsam und dessen Ziel ein Dienst an einem höheren Prinzip ist – besser und bündiger könnte auch ich nicht jenes prinzipienlose Prinzip charakterisieren, das dem allerorten grassierenden lebensreformerischen Antikapitalismus zugrunde liegt: ein zutiefst konformistisches Rebellentum, das in Wahrheit von tiefstem Einverständnis mit der Sache zeugt, gegen die man mobilisiert und das Heinrich Staudinger in besonders dégoûtanter Weise verkörpert.
Wenn er nicht gerade tagträumend in Führerphantasien über die Notwendigkeit von Gehorsam und Dienst schwelgt, dann betätigt sich Staudinger auch als Naturphilosoph, aber wen wunderts, wenn dabei derselbe verquaste und autoritär gestrickte Unfug herauskommt: »A Pflanzn fragt sö beim Sein ned warum und wos. Und beim Menschen is unser Sein so oft mit diesen Fragen verknüpft; es möge uns gelingen, daß ma auf die Fragen pfeifen und einfach so sein solln wia de Pflanzn.«[8] Will er uns pflanzen? Wohl kaum, auch das meint er offenbar ernst – wobei man sich allerdings fragt, ob Staudinger die Selbst-Metamorphose in eine Pflanze nicht tatsächlich gelungen ist, angesichts seines blind und vegetabilisch, ganz »ohne warum und wos« wuchernden Metapherngestrüpps. Die viel wichtigere Frage ist aber, warum sich so viele Leute diesen Phrasenmüll nicht nur bieten lassen, sondern diesen Heidegger im Format eines Waldviertler Schuherzeugers auch noch für seinen Tiefsinn bewundern: »Ein Geschäftsmann mit Weitblick, sozialer Einstellung, Philosoph, Psychologe und Mensch mit Handschlagqualität… Heini Staudinger (ist) ein liebenswerter Mensch in unserer gefühlskalten Arbeitswelt«.[9]
Aber der Schuhfabrikant betätigt sich auch als berufener Übersetzer: Paul McCartneys Zeilen »When I find myself in times of trouble/Mother Mary comes to me/Speaking words of wisdom, let it be!« übersetzt er folgendermaßen ins Waldviertlerische: »Waun i Wickl hob/kumbd d‘Mitzi Mambsch/Und sogt in ihra Gscheidheid/Geh, scheiß di ned au!«[10] Sicherlich: man muß nicht so weit gehen wie Leonard Bernstein, der den Songs der Beatles einmal die Dignität von Schubert-Liedern bescheinigte, aber das hat Paul McCartney nun wirklich nicht verdient. Ist da jemand, der sich für eine solche Explosion an Geschmacklosigkeit vielleicht fremdschämt? Denn einer schämt sich natürlich gar nicht, der wichtigtuerische Waldviertler Wicht mit dem Wickl und einer landesüblichen starken Neigung zur Anal-Humorigkeit, der die letzte Zeile seiner grandiosen Übersetzung offenbar für so gelungen hält, daß er sie auch gleich zum ersten Firmengrundsatz seiner Schuhwerkstatt erklärt. Indiz einer uneingestandenen Selbstverachtung? Geht ihm vielleicht die Schuhmacherei so auf den Geist, hält er sein eigenes Unternehmen für eine Scheiß-Firma, so daß er sie mit einem Scheiß-Spruch bedenkt? Nicht auszuschließen, aber auch nicht sehr wahrscheinlich, denn er hat sie um zwei andere Sätze erweitert – und das ist sie, die Staudingersche Firmen-Philosophie, vollständig und ungekürzt: »Scheiß di ned au! Bitte, sei ned so deppat! Orientiere dich an der Liebe!«[11] Wandelt er also als Naturphilosoph eher auf den Holzwegen der imaginären Regionenpartnerschaft Schrems-Meßkirch, so bringt er als Schuhbranchenphilosoph eher bodenständige Lebensweisheiten in die Form kategorischer Imperative. Überhaupt ist Staudinger ein Prediger zum Anfassen, deswegen läßt er sich wohl auch kumpelhaft »Heini« nennen und werden in seiner »GEA-Akademie« auch Seminare angeboten und ganz praktische Übungen, die z.B. helfen sollen, »unsere ‚Gedankenrede‘ abzustellen… Ich nenne es ‚Das innere Geschwätz stoppen‘. Es ist seltsam, warum im Hirn dauernd was los ist und es so schwer ist, da drinnen für Ruhe und Stille zu sorgen.«[12] Nun, das mag vielleicht ein verbreitetes Problem sein – aber gerade Staudinger braucht sich diesbezüglich nun wirklich keinerlei Sorgen zu machen. Unverdrossen schwadroniert er immer wieder von der Notwendigkeit von »Selbsterkenntnis« – dabei weiß er nicht mal das Einfachste: was für ein aufgeblasenes Nichts er vorstellt.
Die Empfehlung »Schuster, bleib bei deinen Leisten«, die im Falle Staudingers allerdings naheliegt, wäre freilich völlig vergeblich, denn genau das tut er ja die ganze Zeit: egal, wozu er sich äußert – mit Entschlossenheit schlägt er die Welt und alles, was in ihr geschieht, über den Leisten seiner Weltanschauung, die einerseits ganz originär Staudinger und andererseits ganz durchschnittlich ist. Denn bei Staudinger sind so hochkonzentriert wie nur selten alle Flausen und Basisbanalitäten des linksalternativen und in Wahrheit stinkreaktionären Weltbilds versammelt: das Lamento darüber, daß Moral, Menschlichkeit und Natur vor die Hunde gehen, daß der seelenlose Kapitalismus in Gestalt von Konzernen, Banken und Werbung daran schuld sei und daß »wir alle«, die Opfer von Geld und Entfremdung aufgerufen sind, daran etwas zu ändern, indem wir uns selbst ändern. Das sind die typischen halben Wahrheiten und ganzen Lügen starrköpfiger Gemütslinker – aber offenbar wird genau solche Borniertheit nachgefragt und demjenigen, der sie hemmungslos zur Schau trägt, als »Echtheit« und »Authentizität« zugute gehalten: »Großartiger Heini Staudinger! Ich bewundere Sie! Ihre Ehrlichkeit und Authentizität ist einmalig! Mögen Sie gesegnet sein mit Erfolg und Wohlstand, Gesundheit!«[13] Unfaßbar, es hat wirklich fast etwas Gebenedeites, wie da einer Lob einheimst für seine unsagbar primitive Weltsicht, für die er sich natürlich Bestätigung holt bei allen Dichtern, Religionsstiftern, Theologen, Philosophen, deren er nur habhaft wird. Im Werbeheft GEA-Album und in der Zeitschrift »brennstoff« finden sich auf nahezu jeder Seite, auch und gerade in der unmittelbaren Produktwerbung, Zitate unter anderem von Jesus, Buddha, Mahatma Gandhi, Jidda Krishnamurti, Nelson Mandela, Teilhard de Chardin, Petra Kelly, Rilke, Subcomandante Marcos, Dostojewski, Blaise Pascal, Konstantin Wecker und natürlich, immer wieder: Heinrich Staudinger himself. Was derart als Ausdruck von Bildung, Neugier und Weltoffenheit daherkommt, ist freilich nichts anders als autoritäre Bildungsprotzerei, die vor allem eines offenbart: das schier Grenzenlose einer Borniertheit, die hemmungslos alles eingemeindet, was ihr in die Quere kommt. Daß Staudinger und sein Chefredakteur »moreau« zur Beglaubigung ihrer dümmlichen Kapitalismusschelte regelmäßig die einschlägigen Knallchargen der Antiglobalisierungsbewegung wie Arundhati Roy, Eduardo Galeano, Dorothee Sölle oder Naomi Klein bemühen, allesamt natürlich ausgewiesene Antisemiten, d.h. FeindInnen Israels, verwundert nicht, denn in ihnen erkennen sie zurecht Brüder und Schwestern im Geiste und damit sich selbst wieder.[14] Aber vor Staudingers Zudringlichkeit ist keiner sicher und deshalb haben es sogar Karl Kraus, T. W. Adorno oder Walter Benjamin in die GEA-Publikationen geschafft – Leute, die metaphysischer Erfahrung gerade deshalb mächtig waren und ihr Ausdruck verleihen konnten, weil sie jenen metaphysischen Kitsch, für den gerade Staudinger einsteht, zutiefst verabscheuten, die ihn und seine Bagage deshalb in Grund und Boden kritisiert und sich vor allem niemals Waldviertler Schuhe gekauft hätten.
Einmal allerdings, es war vor zwei Jahren, hat sich die Wahllosigkeit beim Herbeizitieren öffentlicher Autoritäten gerächt – und zwar auf eine Weise, die die ganze Misere des H. Staudinger und des Milieus, in dem er sich vorzugsweise bewegt, exemplarisch beleuchtet. Der »brennstoff«-Chefredakteur »moreau« stellte im Jahr 2014 ein Zitat von Adolf Hitler auf die GEA-Website, worauf die Gemeinde der GEA-Erleuchteten, üblicherweise daran gewöhnt, mit schmucken Zitaten zur Möblierung ihres geistlosen Haushalts bedient zu werden, sich voraussehbar in blindwütiger moralischer Empörung übte und nicht erkannte, daß die erdverbundene Waldviertler Firma zur Abwechslung einmal wirklich aufklärerisch agiert hatte – freilich ohne es zu wissen und ganz anders als beabsichtigt. Denn intendiert war das Zitat, wie der Chefredakteur in einer nachträglichen Stellungnahme schrieb, als Warnung und Denkanstoß, damit »wir ernsthaft anfangen, uns zu fragen, wie weit wir vielleicht selber anfällig sind für heutige Verführer« und »moreau« hat dabei vermutlich an Strache oder andere sogenannte »Rechtspopulisten« gedacht – während er in Wahrheit mit dem Zitat ein glasklares Portrait seines Chefs mitsamt seiner Gemeinde, sich selbst eingeschlossen, geliefert hatte. Denn Hitlers Ausspruch »Die Menschen werden jede Lüge glauben, vorausgesetzt sie ist groß genug« charakterisiert das Wirken des Hoch- und Dumpfmeisters Staudinger so gut wie kaum anderes Zitat; und genau deswegen, weil es seine Demagogie und die bereitwillige Dummheit seiner Anhänger bloßstellt, nicht aus irgendwelchen hehren moralischen Gründen verschwand es nach kurzer Zeit wieder von der GEA-Website.[15]

III. Die toten Augen von Schrems oder: Tränen lügen nicht

Kommen wir zur Abwechslung mal auf ein paar dürre Fakten zu sprechen – einerseits weil man nach soviel Geschwurbel einmal verschnaufen muß und andererseits weil erst der Vergleich dieses Geschwurbels mit objektiven Daten das ganze Ausmaß der Verheerung sichtbar werden läßt, das sich im Staudingerschen Sozialcharakter ausspricht.
Die Firma, um die es geht, die »Waldviertler Schuhwerkstatt«, wurde 1984 im niederösterreichischen Schrems unter dem SPÖ-Sozialminister Dallinger als Arbeitsplatzprojekt gegründet, in dem Arbeitermitbestimmung und Arbeiterselbstverwaltung praktiziert wurde. Heinrich Staudinger war zu dieser Zeit mit seiner Handelsfirma GEA (was gleichermaßen für Gäa, Göttin der Erde und »Gesunde Alternative« stehen soll), die aus einem 1980 in Wien gegründeten Schuhgeschäft hervorgegangen war, Vertriebskunde der Schuhwerkstatt. Diese erwarb Staudinger 1991 zum symbolischen Preis von einem Schilling und wurde so zuerst Miteigentümer, ab 1994 dann Mehrheitseigentümer. Heute hält er als Einzelperson 75% und die GEA (Firma Heinrich Staudinger) 25% der Anteile am Firmenkapital der Schuhwerkstatt. Nach eigenen Angaben waren dort im Jahr 1994 12 Mitarbeiter beschäftigt, derzeit sind es 170. Produziert wird außer im niederösterreichischen Schrems auch in Tschechien, Ungarn, Slowenien und Bulgarien.[16] Die Produktpalette umfaßt neben Schuhen auch Möbel und Matratzen. Im Jahr 2013 kaufte GEA in Schrems dann das leerstehende Hotel »Post«, das im Mai 2013 als Teil der GEA-Akademie wiedereröffnet wurde, um den »Lebensraum Schrems« wiederzubeleben: »Und so an schmerzlichen Punkt find i, daß zum Beispiel der Stadtplatz so viele tote Häuser hod; und dös duad a‘m Lebensraum ned guad, wenn der Tod aus de Schaufenster aussischaut. Und jetz‘ is‘s mir a Anliegen, daß mir in den Stadtplatz dös Leben z‘ruckkriagn.«[17]
Der Chef hat nach eigenen Angaben kein eigenes Bankkonto und das, was er selber zum Leben braucht, verschafft er sich folgendermaßen: »Wenn ich Geld brauche, gehe ich ins Geschäft und sage: ‚Bitte gebt mir ein paar hundert Euro‘. Dann unterschreibe ich einen Zettel mit ‚Danke, Heini‘… Ich brauche häufig keine 50 Euro in der Woche, weil ich alles in der Firma habe, was ich brauche… Was ich mache, spüre ich nicht als Verzicht, sondern als Befreiung.«[18] Und dieselben Maßstäbe legt er auch an seine Mitarbeiter an: »Zwei Drittel aller Schuhe der Welt werden in China hergestellt, mehr als drei Viertel in Fernost. Die Läden in Europa sind hauptsächlich mit Schuhen aus Fernost bestückt. Mit den Löhnen können wir nicht raufgehen. Deswegen verlange ich von allen Mitarbeiter/innen, daß wir solidarisch mit den Schuster/innen sind und niemand netto mehr als das Doppelte verdient als sie. Wir haben eine Nettolohn-Spreizung von 1000 bis 2000 Euro.«[19] Aber Geld ist bekanntlich nicht alles: »Dafür gibt es Käse, Gemüse, Eier für alle Mitarbeiter gratis. Zweimal in der Woche gibt es Psychotherapie, zweimal kommen Masseure.«[20]
GEA betreibt derzeit 33 Filialen in Österreich, 18 in Deutschland und eine in der Schweiz.
Über die Entwicklung der Umsätze heißt es ebenfalls auf der Firmen-Website: »Die vorläufigen Ergebniszahlen zeigen es – unser Geschäft ging bzw. geht so gut wie nie zuvor. Bei den Waldviertler Werkstätten sind wir mit dem Umsatz von 11,5 Millionen Euro auf 16,5 Millionen gehüpft und bei unseren GEA Detailhandelsgeschäften (…) gab es eine Umsatzsteigerung von rund 8 Millionen auf gut 10 Millionen Euro. In Summe ergab das für 2013 einen Jahresumsatz von mehr als 25 Millionen. Wir dürfen einen Gewinn von gut 4 % erwarten.«[21] Vom Umsatz entfallen 70 Prozent auf Schuhe, der Rest auf Matratzen, Möbel und die GEA-Akademie.
GEA vertreibt nicht nur exclusiv die Produkte der Waldviertler Werkstätten, in ihr erscheint seit 1997 außerdem viermal jährlich der Werbeprospekt GEA-Album mit 1,8 Millionen Auflage[22] sowie seit 2004 im selben Rhythmus die Zeitschrift »brennstoff« mit einer Auflage von 197.189 Exemplaren.[23] Beide Zeitschriften liegen in allen Intercity-Zügen und vielen Nahverkehrszügen der ÖBB kostenlos aus, das Album wird auch anderen Publikationen, etwa der Grazer Stadtzeitung »megaphon« beigelegt. Staudinger selbst wird interviewt und portraitiert in Presse, Rundfunk und Fernsehen, er wird von Unis und interessierten Vereinen zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen wie z.B. 2013 zur Entrepreneurship-Tagung in Berlin und erhielt ebenfalls 2013 den von der »ZEIT« ausgelobten Preis »Mut zur Nachhaltigkeit«.[24]
Man kann dieser knappen Zusammenstellung entnehmen, daß Staudingers Unternehmen sich stabil am Markt behaupten und daß ihm nicht nur als Unternehmer, sondern auch als politischer Person überwiegend wohlwollende Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Und würde er nur seine geschäftlichen Erfolge feiern und mit ihnen angeben, dann wäre das nicht der Rede wert, weil das übliche präpotente Gehabe von Unternehmern. Aber Staudingers Großspurigkeit ist purer Größenwahn; und der entspringt nicht einer von Zweifeln unangekränkelten Selbstsicherheit, sondern ist das Komplement von kleinbürgerlicher Paranoia und Verfolgungswahn: »Die Politik kümmert sich nur mehr scheinbar ums Volk, während sie für Konzerne Gesetze schmiedet, die deren Diebstahl legalisieren... ‚neben‘ dem finanziellen Schaden für die Staatskassa geht auch noch der Glaube an das Gesetz verloren, von dem wir erhofften, daß es allen Bürgern gleiches Recht im Sinne der Gerechtigkeit gäbe… aus den Klein- und Mittelbetrieben, den wichtigsten Arbeitgebern des Landes, den Großteil der Steuereinnahmen herauszupressen.«[25] Konzerne und Banken werden vom Staat protegiert, während die Kleinen, Aufrechten und Anständigen bluten müssen, allen voran natürlich Staudinger. Diese Weltsicht war längst schon fix und fertig, als sie im Jahr 2012 ganz unerwartet Nahrung bekam und, scheinbar ins Recht gesetzt, ihre ganze Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen konnte, als nämlich die österreichische Finanzmarkaufsichtsbehörde (FMA) ihn zur Rechenschaft zog wegen der Art und Weise, wie er seit langem seine Firma finanzierte. Staudinger hatte dafür einen »Sparverein« gegründet, in den Leute, die seiner Firma Geld leihen wollen – Verwandte, Bekannte, Mitarbeiter, Kunden – im Rahmen eines Kreditvertrages auf das Firmenkonto einzahlen und dafür jährlich vier Prozent Zinsen ausgeschüttet bekamen. Die FMA monierte, daß Staudinger damit Bankgeschäfte betreibt, die Unternehmen laut Gesetz untersagt sind und forderte ihn auf, die drei Millionen Euro, die er auf diese Weise eingenommen hatte, an die Anleger zurückzuzahlen; im Falle, daß er das nicht macht, wurde ihm eine Strafe von bis zu 50.000 Euro angedroht. Die FMA argumentierte nachvollziehbar mit dem Gläubigerschutz und schlug Staudinger auch vor, seine Finanzierung auf ein legales Genossenschaftsmodell umzustellen. Staudinger aber reagierte, wie man es von einem Paranoiker mit Sendungsbewußtsein erwarten würde: er sah sich bestätigt in dem, was er schon immer gewußt zu haben glaubte und reichte also nicht nur Klage gegen den Bescheid der FMA ein, sondern nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um sich der Öffentlichkeit als Opfer einer herzlosen Bürokratie und als tapferer Mittelstandsmärtyrer zu präsentieren. Etwa bei einer von der GEA unter dem Motto »Bürgerrecht statt Bankenrecht – Wir sind das Volk« veranstalteten Demonstration vor dem Wiener Parlament Ende 2012, bei der Staudinger sich unter anderem vom Schremser Bürgermeister, seinen eigenen Mitarbeitern und dem Kabarettisten Roland Düringer belobhudeln ließ. Presseauftritte inszenierte er wie religiöse Kulthandlungen, wie »Die Presse« berichtete: »‚Wir sind das Volk‘ steht auf dem Banner, das in dem kurzfristig zum Presseraum umfunktionierten GEA-Geschäft in der Lange Gasse im 8. Bezirk prangt. Der höchstens 20 Quadratmeter große Raum ist zum Bersten gefüllt mit Journalisten und Sympathisanten, Fotografen und Kameramännern… Dann Auftritt Heini. Aus dem Schuhlager erscheint der Waldvierteler Volkstribun vor seinen Jüngern. Er hebt zum Sprechen an, wird aber plötzlich von Rührung übermannt. Und fängt tatsächlich zu weinen an, während er sich überschwenglich bei den Anwesenden für ihr zahlreiches Erscheinen bedankt.«[26] Erpresserische Larmoyanz ist also keine Metapher mehr angesichts eines Kleinunternehmers, der in aller Öffentlichkeit losröhrt und sich dafür vermutlich nicht einmal verstellen muß, weil ihm dieses nötigende Agieren längst zur zweiten Natur geworden ist.
Dieses eh schon schwerst obszöne Gegreine wurde allerdings noch übertroffen von der Schmierenkomödie, die Staudinger offenbar anläßlich der Verhandlung seiner causa beim Verwaltungsgerichtshof lieferte und die er in einer Rede auf dem Linzer Hauptplatz bei einer Veranstaltung der Linzer »Friedensmahnwache« zusammen mit der »Kreditopferhilfe« (dochdoch, das gibt’s wirklich!) ganz ungeniert und vielmehr dummstolz weitererzählte: ca. 100 Leute hätten vor dem Gerichtssaal gewartet und als er aus dem Verhandlungssaal gekommen sei, habe er den Leuten die Geschichte von Sacco und Vanzetti erzählt und daß er jetzt mit ihnen jenes Lied über die beiden singen wolle, das durch Joan Baez bekannt geworden sei; »Und wia sö‘s dann alle kinnan hom, hob i gsogt: und jetz‘ so laut, daß‘s der Richter aa head.«[27] Joan Baez in der Interpretation von Heini Staudinger, begleitet vom Chor der Jünger, die »linksabsahnerische Oberschnalle« (E. Henscheid) und der Schremser Tränen-Heini als das hohe Paar des Widerstands im Zeichen brennender Sehnsucht nach einer anderen Welt – man möchte auf der Stelle kotzen. Gibt es keine Arbeitsschutzbestimmungen für Richter, die sie vor derartigen Vokalattacken abschirmen? Hat sich wenigstens die Erde geöffnet und diesen völlig wildgewordenen Peinsack auf der Stelle verschluckt? Da vergleicht sich einer »im Ernst« mit Sacco und Vanzetti, tut also so, als sei er völlig ungerechtfertigt angeklagt und eigentlich ein politisch Verfolgter, als würden Beweise manipuliert und als warte auf ihn am Ende der elektrische Stuhl – während er in Wahrheit, wie er selber zugab, nur zu bequem war, um ein anderes Finanzierungsmodell zu betreiben (»Beide Modelle« – Anleihen und Genossenschaften – »sind relativ teuer. Ich will nicht für alles zwanzigseitige Verträge unterschreiben.«[28]) und in seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung wohl glaubte, er käme mit seiner illegalen Tour schon irgendwie durch und dessen »Hinrichtung« darin bestand, daß er schließlich statt einer Strafe von sage und schreibe 2626.- EUR, die zu zahlen er sich weigerte, um Waren im Wert von 10.000 Euro gepfändet wurde. Dabei sollte er froh sein, daß die Funktionäre von der FMA so großzügig waren und ihn nicht auch noch mit einer Beleidigungsklage überzogen haben, nachdem 2012 im GEA-Album zweimal ein Unterwasserphoto abgedruckt wurde, bei der ein Hai mit dem Emblem »FMA« verziert wurde, garniert mit den üblichen Bekenntnisphrasen des Tränenrucksacks.[29] Der sich natürlich voll im Recht sieht, wie er in seiner Ansprache bei der Linzer Kundgebung abermals betonte, an deren Ende er die Anwesenden abermals aufforderte, mit ihm das Sacco und Vanzetti-Lied zu singen. Hat ihn wenigstens dort einer ausgelacht? Hat ihn jemand vielleicht mit seinen häßlichen und klobigen »Earth Shoes« oder besser noch mit in China gefertigten High Heels beworfen und ihn vom Platz gejagt für diese geballte Unverschämtheit? Leider Fehlanzeige. Immerhin ist wenigstens auf die österreichische Justiz Verlaß, die Staudinger mitsamt seiner Rechtsauffassung: »Vielleicht ist es nicht legal, was ich mache. Aber es ist legitim«[30] in drei Instanzen glatt abblitzen ließ. Wenigstens das. Und offenbar haben auch SPÖ und Arbeiterkammer noch halbwegs alle Zwetschgen beisammen, da sie sich anhaltend weigern, Staudingers »Crowdfunding« einfach zu legalisieren. Der jetzt seine Finanzierung nun in Form legaler Nachrangdarlehen weiterbetreibt und das Ganze – nein, er läßt wirklich nichts aus – in Verehrung für den ersten Wutbürger und bekennenden Antisemiten Luther »Apfelbäumchen« nennt.
Gespenstisch bleibt, daß Staudinger mit seiner dreisten und erpresserischen Tour außer vor Gericht fast überall durchkam und sogar auf Verständnis und Zustimmung stieß: der Wirtschaftskammer-Präsident Leitl sprang ihm bei, ÖVP, Grüne und FPÖ forderten einhellig die Legalisierung von »Crowdfunding«[31] und die ausführlichen Portraits etwa in 3sat und Ö1 häuften sich nach 2012 signifikant. Und man fragt sich verwundert, worin die Faszination dieser Figur denn bestehen soll: an Staudingers Äußerem kanns nicht liegen, denn er sieht ungefähr so aus wie die »ästhetisch leicht gewöhnungsbedürftigen Umwelttreter«[32], die er produzieren läßt. Und irgendein Charisma kann es erst recht nicht sein, denn er verfügt einfach über gar keins: hört und sieht man ihn reden, dann wirkt er wie ein einfältiger Dampfplauderer und verkrachter Hinterwäldler, wie einer, der, schon reichlich angetrunken, in der Gastwirtschaft in Hemdsärmeln politische Reden schwingt. Seine nicht selten langen Vorträge sind eine einzige ununterbrochene, von keinerlei Abstraktion angekränkelte, penetrant menschelnde Erlebniserzählung von sich über sich und in Beziehung zu sich, alles in einem grundweinerlichen Tonfall, beständig haltlos oszillierend zwischen aggressiver Betulichkeit und einschläfernder Rabulistik, unterbrochen nur von forciert brütendem Schweigen, das wohl irgendwie tiefsinnig wirken soll. Daß diese grundlächerliche Gestalt sich »im Ernst« als Volkstribun und Rächer aller Kreditopfer darstellen kann, liegt nicht an oder in ihr selbst, sondern daran, daß eine von Krisen geschüttelte und in sich orientierungslose nachbürgerliche Gesellschaft solch enthemmter Selbstdarsteller bedarf und ihnen nur zu willig auf den Leim geht.

[1] GEA-Album Nr. 73, S. 4
[2] wegmarken.salon mit Heini Staudinger, zu sehen auf: https://www.youtube.com/results?search_query=staudinger+wegmarken
[3] brennstoff Nr. 40, Editorial
[4] brennstoff Nr. 33, Editorial
[5] So im Interview mit dem Kurier vom 09. 05. 2014 und ungezählte Mal in den GEA-Postillen
[6] GEA-Album Nr. 65, Editorial
[7] ebenda
[8] wegmarken.salon mit Heini Staudinger auf youtube (s. Fußnote 2)
[9] Kommentar von Walter Mader zum »youtube«-Video (s. Fußnote 2)
[10] GEA-Album Nr. 63, S. 14 und Nr. 67, S. 4
[11] GEA-Album Nr. 67, S. 4, 6 und 8, seither unzählige Male nachgedruckt. Mittlerweile hat man auch als GEA-Kunde die Gelegenheit, sich so zum Narren zu machen wie der Chef selbst: die drei Firmengrundsätze gibt es seit Ende 2014 in Form bedruckter T-Shirts, alle drei zum Vorzugspreis von 49.- EUR (brennstoff Nr. 38, Rückseite, GEA-Album Nr. 73, S. 23).
[12] brennstoff Nr. 38, S. 30 oder auch brennstoff Nr. 33, S. 26
[13] Kommentar von Claudia Dieckmann zum »youtube«-Video (s. Fußnote 2)
[14] Im »brennstoff« werden natürlich auch Bücher für Herz und Seele empfohlen, u.a. in der Nr. 40 »Wer den Wind sät« des Nahost-»Deppen vom Dienst« (Henryk M. Broder) Michael Lüders (S. 23).
[15] Als Distanzierung schickte Staudinger, wie zu erwarten war, die einschlägigen antifaschistischen Platitüden hinterher, die seine Gemeinde von ihm erwartete: »Natürlich ist Hitler ein Monster«, Kurier vom 09. 05. 2014
[16] Niederösterreichische Nachrichten, 15. 04. 2015
[17] Café am Sonntag vom 15.02.2015. Heinrich Staudinger zu Gast bei Oliver Baier
[18] Die Presse, 09.11.2012
[19] Megaphon (Grazer Stadtmagazin) vom Dezember 2012. Über Staudingers Umgang mit Arbeitvorschriften berichtete 2013 die Zeitschrift »Format« folgendes: »‚Das, was Staudinger nach außen transportiert, deckt sich nicht mit seinem Verhalten den Mitarbeitern gegenüber‘, klagt ein langjähriger Angestellter, der aus Angst vor einem Rauswurf lieber anonym bleiben will… Der Druck auf die großteils schlecht bezahlte Belegschaft sei groß und vor allem die Arbeitsbedingungen in Schrems ließen zu wünschen übrig. Lärm und Gestank in den Werkstätten sollen die Toleranzgrenze überschreiten und bei einigen zu Burn-out führen. Was aber manche besonders stört: Seit Jahresbeginn müssen Mitarbeiter, die von weit her kommen, für Übernachtungen in nahen Seminarräumen zahlen. Jene, die nicht zahlen wollen oder können, würden lediglich in einem Behelfsquartier Schlafkojen, die nur durch Vorhänge getrennt sind, zur Verfügung gestellt bekommen... Im Winter sei es sogar noch schlimmer gewesen, da hätten manche GEA-Beschäftigte in ungeheizten Räumen auf nackten Matratzen schlafen müssen, berichten Mitarbeiter. Dies hat auch zu einer – anonymen – Anzeige Staudingers beim lokalen Arbeitsinspektorat geführt… Der Heini, wie er sich selbst nennt, versteht die ganze Aufregung nicht: ‚Ich war sieben Jahre in einem katholischen Internat. Dort waren die Wohnzustände wesentlich schlechter.‘ Überhaupt müssten die Menschen das bescheidenere Leben wieder üben, findet er.« (http://www.format.at/wirtschaft/business/heini-staudinger-mann-vorschriften-357758)
Was für ein widerwärtiger und selbstgerechter Erziehungsdiktator.
[20] Die Presse, 09. 11. 2012
[21] http://w4tler.at/apfelbaeumchen/apfelbaeumchen-darlehen
[22] nach: https://www.facebook.com/geamuenchen/posts/10152391297239560
[23] Laut »brennstoff« Nr. 41, S. 2
[24] Siehe GEA-Website: http://w4tler.at/fma-vs-gea/heini-staudinger-bekam-zeit-preis
[25] GEA-Album Nr. 73, Editorial
[26] Die Presse, 05. 03. 2013
[27] Wer es sich antun mag, kann den Videomitschnitt dieser am 2. 9. 2014 gehaltenen Rede ansehen auf der GEA-Seite, auf der alle vergangenen und künftigen Auftritte des Firmenchefs ausgeführt sind: http://w4tler.at/heini-live
[28] Die Presse, 10. 11. 2012
[29] GEA-Album Nr. 64 und 65
[30] Kronen Zeitung, 7. 12. 2012
[31] Salzburger Nachrichten, 24. 05. 2013
[32] Der Standard, 19. 10. 2012

Ob das Waldviertel seinem benebelten Guru auch so was Schönes hinstellt? (Bild: CC)