Wenn jüngste Bestrebungen darauf abzielen, das Internet weiter zu regulieren, wenn das Recht auf Remix schwindet, jegliche Freiheiten eingeschränkt werden sollen, Kopieren weiter kriminalisiert wird und nur jene, die mehr zahlen, entsprechende Information abfragen dürfen, liegt einiges im Argen, was auf eine nicht wahnsinnig rosige Zukunft des Internets inklusive des Kunst- und Kulturschaffens deuten lässt. Besonders auch dann, wenn immerhin 2320 (UnterstützerInnen laut 26. Mai 2013) Kunst- und Kulturschaffende ihre Unterstützungserklärung für eine Initiative namens »Kunst hat Recht« abgeben und sich durch diese vertreten fühlen. Die Initiative für das Recht auf geistiges Eigentum erntet seit Anfang 2012 durch eine in sich recht widersprüchliche Meinungsmache Kritik durch diverse unabhängige NetzaktvistInnen, wie AutorInnen von Netzpolitik.org [1], der IG-Kultur [2], Monochrom [3], dem World Information Institut [4] und vielen anderen. In ihrer Kampagne zeichnet sie sich durch eine Verschärfung des Urheberrechts aus und sie positioniert sich damit, sich um das Einkommen von Kunst- und Kulturschaffenden zu sorgen. Ohne Zweifel ist diese Sorge ums Einkommen durchaus berechtigt, allerdings spalten sich die Geister im Detail. Und spätestens beim Erscheinen des sechsundneunzigseitigen Weißbuchs [5] zur Bedeutung des geistigen Eigentums für Österreichs Kunstschaffende, ist der Verdacht bestätigt, dass Grundlagen und Material hier wohl kaum von einer unabhängigen Initiative geliefert wurden, und dass es sich um eine mit beträchtlichen finanziellen Mitteln ausgestattete Kampagne handelt, deren Auftraggeber auch über entsprechenden »Knedl« für diese Meinungsmache verfügen muss. Und wer sonst, wenn nicht die Verwertungsindustrie könnte so eine Stimmungsmache gut für sich nutzen und bestimmen wollen, wohin der Hase läuft?
Ein genauerer Blick auf die Liste der UnterstützerInnen wäre vielleicht auch interessant. Welchen Kategorien ordnen sich die UnterzeichnerInnen zu und wie zeichnet sich der Altersdurchschnitt in dieser Liste ab?
Die dazu entstandene Facebookseite verzeichnet jedenfalls 1.670 Likes und die öffentlich Facebook-Statistik dazu besagt, dass der Altersdurchschnitt hier zwischen 35 und 54 Jahren liegt. Laut meiner Facebookseite sind immerhin davon nur fünf mit mir befreundet.
Im Gegensatz gehören bei der Initiative »Kunst gegen Überwachung«, die sich gleich als Reaktion auf »Kunst hat Recht« in Facebook mit einer Page formiert hat, fünfzehn Menschen zu meinem Freundeskreis. Das stimmt mich doch etwas positiv. Allerdings verzeichnet die Seite »Kunst gegen Überwachung« nur 634 Likes.
Fest steht, dass nicht alle österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden die Kampagne »Kunst hat Recht« mitverfolgt haben und sich mit der Kritik daran beschäftigen. Viele haben diese Kampagne vermutlich auch bewusst nicht unterzeichnet. Nicht alle können und wollen in die tiefen Diskussionen rund um das Urheberrecht und die diversen aktuellen Entwicklungen rund um das Internet eindringen. Verständlicherweise einerseits, allerdings ist es vermutlich bald zu spät, wenn man das Feld amtierenden PolitikerInnen, der Industrie und Initiativen wie »Kunst hat Recht« überlässt.
Der Netzpolitische Konvent der österreichischen Zivilgesellschaft
Die aktuellen und bedrohlichen Entwicklungen waren jedenfalls Anlass, dass das World Information Institut, Wien, im Februar 2013 einen wichtigen Stein ins Rollen gebracht hat und mich mit ins Boot geholt hat um gemeinsam einen netzpolitischen Konvent zu organisieren, bei dem es gelingen sollte, unabhängige Netzkultur-Organisationen, ExpertInnen, Kulturschaffende, KünstlerInnen und NetzaktivstInnen an einen Tisch zu bringen, um ein gemeinsames Forderungspapier an die Politik zu den Themen Netzneutralität, Datenschutz und Recht auf Privatsphäre, Offene Daten und Offenes Wissen und UrheberInnenrecht zu verfassen.
Netzpolitische Themen sind noch viel zu wenig präsent in der österreichischen Politik. Nicht nur, dass die meisten PolitikerInnen inkompetent sind, es ist auch der Kontext der Debatte, so weit sie stattfindet, oftmals sehr problematisch.
Ziel des netzpolitischen Konvents war es, bei vollem Bewusstsein um die Komplexität der einzelnen Themen, eine verständliche Kurzversion der Inhalte und Forderungen zu erarbeiten, um sie in Folge an die Politik zu richten. Gleichzeitig ist natürlich auch das Ziel, dass dieses Papier und die Forderungen viele UnterstützerInnen aus der Kunst- und Kulturszene gewinnen kann, um an Relevanz zu gewinnen.
In Kürze wird das Ergebnis des Netzkonvents präsentiert, viral verbreitet und zur aktiven Unterzeichnung eingeladen! Stay tuned!
Ein anderes Internet muss her!
So absurd diese Aussage klingen mag: Praktisch beschäftigen auch wir uns gerade damit, wie man sich mit anderen Methoden sicher vernetzen, Files austauschen, chatten und produzieren könnte und einigen absehbaren Entwicklungen des Internets und dem generellen Trackingwahn sicher aus dem Weg gehen kann.
Zu diesem Zweck wird in einem kleinen servus-Kreis eine Software namens RetroShare getestet.
RetroShare ist eine Open Source Cross Plattform, die als Friend-2-Friend eine dezentrale Kommunikationsplattform bietet. Es ist ein Client, den man sich lokal auf seinen Personal Computer (PC) installiert. Die Software ist für alle Plattformen (Windows, OSX, Linux) verfügbar.
Jegliche Form von Austausch ist hier nur verschlüsselt möglich. Nichts ist von außen nachvollziehbar. Zu deinen Freunden zählen nur jene, denen du wirklich vertraust und die deinen PGP Schlüssel [6] haben. Nur so gelingt es überhaupt Teil des Share-Netzwerkes zu sein.
RetroShares verwendet eigene Algorithmen für die Verschlüsselung, die eben Anonymität außerhalb des Freundeskreises gewährleistet.
Die AutorInnen des in RetroShare verwendeten Algorithmus »Turtle« beschreiben den Vorteil eines solchen Netzwerkes so: »Als wir Turtle designed haben, waren wir davon inspiriert, wie Leute die, unter unterdrückenden Regierungen leben müssen, ihre Informationen teilen. Weil es eine besondere Gefahr bedeuten würde, Bücher, Videos, Audioaufnahmen und anderes mit irgend jemanden zu tauschen, teilen die Menschen nur mit jemanden, dem sie wirklich vertrauen.«
Ob RetroShare auch ein mögliches Potential für unsere Community aus dem Kunst- und Kulturumfeld hat, wird sich nach unserer Testphase Ende Juni weisen. Auch wenn es sich vom Layout im Vergleich zu bekannten sozialen Netzwerken sehr unterscheidet und ein bisschen anders funktioniert bei der Kommunikation, wurde an alle Funktionalitäten in diesem Zusammenhang prinzipiell gedacht – mit dem großen Unterschied, ohne Zensur und Rückverfolgung durch Dritte kommunizieren und teilen zu können.
Fest steht im Moment, dass der Client noch einige Hürden aufweist. So ist zum Beispiel das Verbinden mit vertrauensvollen Personen, die hinter einer Firewall sitzen, noch problematisch und auch an der Benutzbarkeit gibt es noch einiges, was man auf eine Wunschliste für die Zukunft setzen kann.