Praxis und Fundament (Mim Tod is ned vorbei)

Am 18. April 2016 ist Peter Donke gestorben. Nachgereichte Fassungslosigkeit.

Andreas Kump am Telefon. Eine Stimme, sonst gerne gehört, kommuniziert Unpackbares, ihr Klang Abbild der Botschaft. Die sozialen Netzwerke bringen eine Gewissheit, die kein Mensch braucht. Donke tot. Assoziationsketten, Gedanken- und Gefühlsfragmente, Teile des eigenen Lebensfilms mit hochglänzenden, extended Peter Donke Features laufen Amok, (auch) Schutzschild gegen das eine, unfassbare, almost-all-inclusive Gefühlspaket: Trauer, Ohnmacht, Endgültigkeit. Donke! Du warst doch unkaputtbar, immer in Bewegung, wach, alert. Fließt ruhig, Tränen, bitte, macht! Bewege mich auf und ab, als könnte die Information vergehen. »Veranstalten geht sich nicht aus«, Donke in meinem Kurzzeit-Stadtwerkstatt-Booker-Ohr. Gleich geht eine Arena-Vorstandssitzung los, wo diese Position in die Diskussion kommen muss, als Anstoß – anderes Denken, anderes Handeln, Rechnen nicht vergessen. Hat er nicht in den späten 80ern einen Songtext meiner Hardcore-Kapelle angestoßen? Der beherzte jüngere Idealist, Linzer Musik-Bub Krispel, powered by Willi Warma, zeitgenössisch zu Dynamo Urfahr, der den abgebrühten Rock-Opa (sic!) und dessen »Professionalität« ansingt, dass es »not and never about playing jobs« ist, weil »every time we play I try to give it all my heart«. Als ob Peter Donke das nicht … Entschuldigung! Ordnungsruf!

Über ein Monat später. Am Ende eines Monats Mai, in dem ein Unglückskanzler aus dem Amt gepfiffen wurde und eine Präsidentschaftswahl noch einmal so ausgegangen ist, dass sich nicht Nazi-Österreich, im höchsten Amt des Staates manifestiert. Geschenkt. Nicht wenige Menschen laborieren weiter an Peter Donkes Abwesenheit, versuchen, wie es auf Englisch, der langugage of pop, heißt, to come to grips with …
In »Es muss was geben«, Andreas Kumps Buch, zitiere ich Peter Donke mit einem seiner klassischen Sager zur Überwindung der Provinz durch das Finden von Menschen, mit denen Zusammenarbeit möglich ist. Dieser entstammt, der nicht recherchierten Erinnerung (print the legend!) gemäß, einem Feature des Magazins Skug. Begleitet von einem Foto von Donke, auf einer Bank vor dem Café Strom sitzend. Selbst im Sitzen agitiert und agitierend, ein Haucherl ironisch, spitzbübisch, die Donau und Urfahr im Blick, dabei die Welt, Musik und mehr erörternd, ein Weltklasse-Regionalist mit eben nicht engen Perspektiven. Schon fällt mir eine Rock‘n‘Roll-Auswärtsfahrt (Krüppelschlag?) ein. Hat er wirklich gesagt, dass wir bewusst Dialekt sprechen sollen und nicht ins Schüler-Hochdeutsch verfallen, bloß weil die Autokennzeichen hier ein »D« tragen? Dieser Tage bleiben CDs von Willi Warma und Dynamo Urfahr meine ständigen Begleiter, werden öffentlich und privat immer wieder abgespielt, weil ich, bei allem Bewusstsein um die strukturarbeiterischen Qualitäten Donkes (nicht nur) im Umfeld der Stadtwerkstatt (siehe dazu Tanja Brandmayrs Worte) ihn mehr als alles andere als Musiker erlebt und wahrgenommen, geliebt habe. Als einen, den ich gerne in persönlichen und generellen Hero-Status rücke, einen Musiker – Bass, Stimme, dann Gitarre – vorrangig im Sinne des Energie-Erzeugens und Menschen-Zusammenbringens. Spezielle-Menschen-Zusammenbringes. Was den Anblick seines leeren Musikhockers, seines fixen Konzert-Requisits bei den Auftritten mit Donke/Zigon und DZ3, bei der Verabschiedung, wo wir uns, ein erweitertes »lebendiges Linz« (sic!) mit angereisten Außenposten, seufzend zunickten und smalltalkend zu trösten versuchten, so unendlich traurig machte. Als Linzer Musikbub, für den Willi Warma so wichtig waren, bin ich froh, dass ich mit Band den Support für eine leicht bizarre Willi Warma Reunion – Donke tagelang in Rock‘n‘Roll-Dreams-Höchstform inklusive siegreiches Stockschießen gegen die Einheimischen – in Döllach (!) gab. Darüber, dass ich mit ihm gesungen habe. Etwa auf Anregung Donke/Zigons die eingeoberösterreichischte Version von Dylans »Death Is Not The End«, »Mim Tod is ned vorbei«, und dass ich diese ganz spezielle, ja, Magie, dieser unmittelbaren musikalischen Duo- und Trio-Settings von D/Z und DZ3 miterleben durfte. Schon meldet sich der Parallelweltroman. Einer, in dem die Kohle, die Willi Warma für Demoauf-nahmen für Markus Spiegels Gig Records bekommen haben, nicht zur Verlustierung des exzessbegabten Quartetts Donke-Holzinger-Unger-Zechner umverteilt wird, sondern zu Demo und Welthit führt. Ob parallel zu oder statt Falco wird das Schreiben zeigen. In einer Hauptrolle Peter Donke, als street-wise reflektierter Held, als potentieller Mythos für Nachgeborene, eine Persona mit Spuren legendärer, knallharter und pfiffiger (Musik-)Manager wie Tony Defries oder Peter Grant und mit einem Riesenherzen wie dem von Dee Dee Ramone. Yeah, we‘re gonna make it into a movie! Das womöglich »Straße der Sehnsucht« heißt. Bis dahin vergessen wir nicht - es gilt noch viel Provinz zu überwinden. Überall. Donke mit uns!

(Foto: Holzinger)