AMRO 2018 – Unmapping infrastructures

AMRO - Art Meets Radical Openness, das Festival für Kunst, Hacktivismus und Open Cultures seit 2008 von servus.at in Kooperation mit der Kunstuniversität Linz organisiert, wird dieses Jahr von 16. bis 19. Mai im afo - architekturforum Oberösterreich, der Kunstuniversität Linz und der Stadtwerkstatt stattfinden.

Wie der informierten Leser*In bekannt sein dürfte, werden die Budgets für Vereine und Initiativen der freien Kulturszene von der städtischen bis zur nationalen Ebene drastisch reduziert. Selbst bei der Vergabe von finanzieller Unterstützung ist der Zeitpunkt der endgültigen Bestätigung der verfügbaren Mittel um viele Monate verspätet. Viele Vereine der freien Kulturszene wie servus.at sind dazu gezwungen, mit Ungewissheit das Jahresprogramm zu planen und umzusetzen.

Das ist unglaublich für eine Stadt, die vor nicht einmal zehn Jahren Kulturhauptstadt Europas war und gerade zur UNESCO City of Media Arts ernannt wurde. Trotz dieses schwierigen finanziellen Klimas entschied sich servus.at, die Planung der nächsten Ausgabe des AMRO-Festivals fortzusetzen.

Das Thema des diesjährigen Festivals basiert auf dem 2017 durchgeführten Forschungslabor, das sich mit den Themen digitale Kartographie, künstliche Intelligenz und Online-Chatbots beschäftigte (http://research.radical-openness.org/). Mit der Gestaltung des Festivals verband das Team von servus.at die Forschung mit der Absicht, die technologische Infrastruktur kartographisch zu überdenken1. Silences und blank spaces2 werden dadurch hervorgehoben und als Orte bewertet, wo Künstler*Innen, Designer*Innen und Aktivist*Innen Raum für Reflexionen und kritische Interventionen finden können.

Kartographie ist eine grundlegende menschliche Tätigkeit, die darin besteht, die physische Landschaft zu beobachten, zu analysieren, zu verstehen und darzustellen, um diese räumlich basierten Informationen auf andere Menschen zu übertragen. Mit der Geburt und der Verbreitung des Internets und der digitalen Technologien hat sich die kartographische Praxis radikal verändert, wie der Künstler Trevor Paglen sagt: »In unserer Zeit vollzieht sich eine neue kartographische Renaissance«3. Die Erneuerungen durch die ständige Entwicklung von Werkzeugen und Technologien gehen einher mit der Veränderung der Erdoberfläche selbst.

Entfernt von der Idee der »Natur«, die der Begriff selbst suggerieren könnte, wird die Landschaft in der Periode des Anthropozän nicht nur von den »üblichen« geographischen und physischen Elementen wie Bergen, Wäldern, Städten und Flüssen geprägt, sondern schließt auch die technologischen Strukturen ein, die sich mit dem Transport von Informationen befassen, und nicht-menschliche Akteure (Maschinen, Bots, Internet der Dinge), die in ihr unabhängig agieren. Diese gemischte Struktur kann durch die Metapher eines Stacks4 verstanden werden, die Benjamin H. Bratton in Bezug auf Netzwerkstacks, die Schnittstellen zwischen Hard- und Software-Schichten, die in der Internet-Infrastruktur überlagert sind, vorschlägt. Um die Welt als eine mehrstufige globale Struktur und das Zusammenspiel der unzähligen miteinander verbun-denen Systeme, die darauf wirken, zu beschreiben, muss die Karte dreidimensional werden und sich sowohl in der vertikalen als auch in der horizontalen Dimension entwickeln. Sobald die Erde als eine einzige riesige Maschine visualisiert wurde, die Territorien und Maschinen, menschliche und nichtmenschliche Akteure, Nationalstaaten und Großkonzerne miteinander verbindet, müssen wir die Definitionen eben dieser geopolitischen Konzepte überdenken.

AMRO geht vom Bild des Stacks aus, um die Rolle und die Möglichkeiten der »radikal offenen« Kultur neu zu diskutieren. Wie können Kunst und Aktivismus diese komplexe Struktur beeinflussen? Welche Werte sind bei der Diskussion über diese riesige elektronische Landschaft zu berücksichtigen? Der diesjährige Titel Unmapping Infrastructures fasst die Intentionen zusammen, die globale technologische Architektur von Unternehmen, Staaten, Clouds, Nutzer*Innen und Schnittstellen zu analysieren, zu kritisieren und in sie einzugreifen. AMRO setzt diese Interven-tionen durch die Philosophie von Open Source und Open Culture um.

Trotz der klaren ethischen und philosophischen Grundlage der Bewegung, »radikal offen« ist eine Bedingung, die fortlaufend diskutiert und bestätigt werden muss. Ein Teil der Methode zur Offenheit besteht darin, die Grenzen der Instrumente selbst zu bewerten, die sich auf den genauen Zeitpunkt stützen müssen. In diesem Sinne kann Design als Kollisionspunkt zwischen Theorie und Praxis neu definiert werden, während Hacking eine Strategie ist, die es Künstler*Innen und Aktivist*Innen erlaubt, in die komplexe gegenwärtige Infrastruktur einzugreifen und deren Verzerrungen aufzuzeigen.

Wenn die Kartierung eines Territoriums eine Handlung ist, die untrennbar mit der Produktion und Akkumulation von Macht in denselben Gebieten verbunden ist, dann zeigen die »critical cartography« und »counter-mapping« wie diese gleichen Praktiken der Kartierung genutzt werden können, um Kritik zu üben und in das politisch-ökonomische System einzugreifen. Der Fokus von AMRO 2018 ist von diesen Praktiken inspiriert, Methoden zu entwickeln, um die technologische Infrastruktur und deren Machtverhältnisse im Internet kritisch zu hinterfragen.

Traditionell ist das Festival in eine Reihe von Panels und Vorträgen gegliedert, die während der vier Tage des Festivals der AMRO-Community einen Raum für den Austausch von Informationen und kritischer Reflexion bietet. Die Diskussion wird in praktischen und konzeptionellen Workshops fortgesetzt, in denen die Vermittlung von Techniken und Wissen, die typisch für die Open-Source-Philosophie und DIWO (Do It With Others) sind, im Vordergrund stehen. Die intensiven Tage der Festivals enden mit der unvermeidlichen Nightline, in der die konzeptionellen Spannungen des Tages gelöst werden.

Die Beiträge für Projekte, Workshops und Konferenzen werden im Rahmen einer offenen Ausschreibung gesammelt, bei der die gesamte Gemeinschaft das in den letzten zwei Jahren erworbene Wissen in die Praxis umsetzen kann. Das AMRO-Programm wird dann in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kooperationspartner*Innen durchgeführt: servus.at und ihre Community, afo – architekturforum Oberösterreich als Hauptveranstaltungsort des Festivals, die Kunstuniversität Linz, die Universität Malta und das Piet Zwart Institut der Willem de Kooning Akademie in Rotterdam.

Open Call und weitere Informationen: www.radical-openness.org

Für servus.at und über AMRO schreibt Davide Bevilacqua.

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2018 - Art Meets Radical Openness (#AMRO18)
Wed. 16th - Sat. 19th of May 2018
Venues: afo - architekturforum OÖ,
Stadtwerkstatt, Kunstuniversität Linz
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[1] Christian Reder (Hrs.), Kartographisches Denken, Wien und New York, Springer, 2012.
[2] J.B. Harley, The New Nature of Maps. Essays in the History of Cartography, Baltimore, Johns Hopkins University Press, 2002.
[3] Trevor Paglen, »Experimental Geography: from cultural production to the production of space«, in Nato Thompson (Hrs.), Experimental Geography – Radical Approaches to Landscape, Cartography, and Urbanism, Brooklin, NY, Melville House, 2009, p. 28.
[4] Benjamin H. Bratton, The Stack. On software sovereignty, Cambridge, Mass., MIT Press, 2016.