Musik politisch machen: Signale 18

Am 19. Dezember 2018 findet in der Arena Wien mit Signale 18 ein Fest statt, das den Zusammenhang von politischem Engagement und Musikarbeit in den Vordergrund stellen will. In diesem Beitrag von Kristina Pia Hofer beantworten Mitglieder des Organisationskollektivs vier Fragen zum Projekt.

Die Signale findet heuer zum ersten Mal statt. Was und wer steht hinter dieser Inititative?

Im Frühjahr 2018 haben sich mehrere Künstler*innen, Veranstalter*innen, Labelbetreiber*innen und diverse Nachtvögel in Wien zusammengeschlossen, um sich darüber zu beraten, wie wir als Musikarbeiter*innen und –interessierte gemeinsam deutlicher für ein solidarisches Miteinander eintreten können. Wie viele andere Menschen fühlten sich einige von uns ohnmächtig gegenüber der politischen Stimmungslage. Wir wurden und werden täglich mit immer gruseligeren Meldungen überschüttet, angesichts derer man sich als Einzelperson schnell einmal überfordert vorkommt, beziehungsweise wenig Möglichkeiten mehr sieht, selbst aktiv zu werden. Die Signale zu organisieren, erfüllt zwei Zwecke, sich dieser Entwicklung entgegen zu stellen. Erstens formieren wir uns für die Organisation des Fests als Kollektiv, das heißt, wir fühlen uns nicht mehr so isoliert, stehen in regelmäßigem Austausch, und können gezielt auch politische (Gegen-)Kräfte bündeln. Einige von uns sind Teil des linken Musiker*innenrat-Netzwerks, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, bestehende Arbeitsbeziehungen, die wir über unsere langjährige gemeinsame Tätigkeit in der Wiener Independent- und DIY-Musikszene aufgebaut haben, auch zur politischen Organisierung und Mobilisation zu nutzen. Zweitens soll das Fest, wie der Name schon erahnen lässt, ein positives Zeichen setzen: ein Zeichen dafür, dass wir daran interessiert sind, uns weiter für bessere Verhältnisse einzusetzen. Mit »bessere Verhältnisse« meinen wir zum Beispiel: eine mitmenschliche Einstellung zu Leuten zu pflegen, die hier leben, egal wie sie aussehen oder welchen Pass sie haben (bzw. ob sie einen haben). Solidarisch zu sein auch und besonders mit Leuten, die »nur« sich selbst oder einander haben, also kein Kapital und keine Leitkulturschätze. Offen zu sein gegenüber allen Arten zu lieben und sich selbst zu bestimmen. Kritisch zu bleiben gegenüber zweifelhaften Sponsorings durch rechtslastige Konzerne genauso, wie sich laut zu äußern gegen die Zerstörung institutioneller Demokratie durch Karrierist_innen, Burschenschaftler und ihre Pferde. Und auch, diese Arbeit lustvoll zu gestalten. Wir finden die positive Stimmung, die es zum Beispiel gegenwärtig bei den Donnerstagsdemos gibt und die auch während der Mobilisierung für das Frauen*volksbegehren stark spürbar war, super. An diese Stimmung wollen wir mit der Signale 18 anknüpfen.

Wie setzt sich euer Anspruch des politischen Musik- bzw. Musik-politisch-Machens im Programm um?

In erster Linie durch den Rückgriff auf ein Format mit einer gewissen Tradition: Wie zahlreiche andere befreundete Initiativen vor uns, in Wien zum Beispiel das im Jahr 2015 stattgefundene _tastique Festival, koppeln wir Workshops mit Konzerten, um die Formate »Party« und »Konzert« zu politisieren, beziehungsweise das Politische an diesem Format stärker hervorzustreichen. Die beiden Workshops, die wir auf der Signale ab 16h anbieten, stehen in direktem Zusammenhang mit unserer Arbeit als Musikschaffende, auch wenn sie nicht direkt auf Musikmachen abzuzielen scheinen. So werden wir als im Nachtleben Aktive sehr oft Zeug*innen von racial profiling durch Ordnungskräfte. Im Workshop »Rechtsgrundlage für antirassistische Zivilcourage« können Skills erarbeitet werden, sich in Zukunft aktiver solidarisch in solche Situationen einzumischen. Der zweite Workshop, »Go. Bloc. Act. Aktionstraining für Zivilen Ungehorsam«, ist der Einsicht geschuldet, dass kollektive Akte des Protests im öffentlichen Raum eine ausgezeichnete Ergänzung zu auf einer Bühne performten politischen Überzeugungen darstellen können. Im Idealfall verwirklicht sich der Anspruch aber auch um das inhaltliche Rahmenprogramm herum, im Musikprogramm selbst. Das Line-Up besteht aus Leuten, die aus teilweise sehr unterschiedlichen Subszenen kommen, unterschiedliche Generationen von Hörer_innen ansprechen, unterschiedliche Stile vertreten und so weiter, und die vielleicht in dieser Form nicht zwangsläufig so schnell am selben Abend auf der selben Bühne auftreten würden. Heimlich träumen wir davon, dass ein Abend wie die Signale, an dem es darum gehen soll, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, auch eine Vernetzung der oft sehr insulären Wiener Szenen fördern kann. Wichtig dabei war und ist uns die Organisationsform. Wir sehen uns weniger als allein bestimmende Kurator_innen eines Musikprogramms, sondern als ein Kollektiv, das wachsen, sich erweitern und in sich unterschiedlicher werden soll. Grundsätzliche Bookingentscheidungen werden im Plenum gefällt, das allen Interessierten offen steht, somit selbstverständlich auch den auftretenden Musiker_innen. Ein letzter Punkt, in dem wir den Anspruch zu verwirklichen hoffen, ist es, dass wir Geld umverteilen wollen. Wie in Oberösterreich wohl nicht weiter ausgeführt werden muss, sind wir schockiert darüber, mit welcher Leichtigkeit öffentliche Budgets repressiv umgestaltet werden können. Der Reinerlös der Signale 18 geht deshalb an politische Initiativen, deren Arbeit wir für unabkömmlich halten, und die diese Umgestaltungen zu spüren kriegen: maiz, Mosaik Blog, und Queer Base. Wir verstehen die Signale allerdings nicht als Charity-Veranstaltung, die uns, überwiegend weißen, großteils bürgerlichen Aktivist*innen positive Gefühle verschaffen soll, weil wir Geld für betroffene Andere sammeln. Wir hoffen, mit dem Fest einen Raum aufmachen zu können, in dem gemeinsames Handeln möglich wird.

Wie finanziert sich Signale? Wie kann man die Initiative finanziell unterstützen, falls man das möchte?

Wir waren von Anfang an bemüht, die Kosten für die Veranstaltung möglichst gering zu halten, was wie üblich in solchen Zusammenhängen meistens nur geht, weil die Menschen im Kollektiv viele Skills mitbringen, die sie unentgeltlich zur Verfügung stellen. Auch die auftretenden Künstler*innen bekommen nur eine geringe Aufwandsentschädigung. Darüber hinaus gab es seitens der Arena Wien ein großes Entgegenkommen in Bezug auf die Nutzung der Location, und eines der an der Organisation beteiligten Labels konnte einen kleinen Zuschuss der SKE (Soziale und kulturelle Einrichtungen der Austro Mechana) einwerben. In letzter Konsequenz finanziert sich die Veranstaltung hauptsächlich aus den Eintrittsgeldern – Unterstützung funktioniert also am besten darin, zum Fest zu kommen und Tickets wenn möglich schon im Vorverkauf zu erwerben. Und am 19. Dezember dann bei der Tombola zuzugreifen, bei der einige leiwande Sachen aus dem lokalen Musikuntergrund abgestaubt werden können. Die dann – hoffentlich! – produzierten Überschüsse fließen direkt an die oben genannten Projekte.

Die Betitelung des Fests als Signale 18 lässt drauf hoffen, dass es sich um eine wiederkehrende Veranstaltung handelt. Welche Pläne gibt es für 2019?

Wir werden auf alle Fälle gemeinsam weiterarbeiten. Wie diese Arbeit allerdings aussehen wird und ob wieder ein Fest in dieser Größenordnung dabei rauskommt, ist noch nicht absehbar.
Unterschiedliche Leute im Kollektiv wollen unterschiedliche Dinge: manche wollen hauptsächlich veranstalten, andere denken über den Ausbau des Netzwerkes als einen circle für gegenseitigen Support von Musiker_innen verschiedener Szenen nach, einige interessieren sich für die Erschließung von zugänglichen Veranstaltungsräumen in einer erdrückend neoliberalen Stadt. Alle gemeinsam sind wir neugierig, wie wir als Kollektiv wohl werden werden – für viele von uns ist diese Art zusammenzuarbeiten relativ neu. Fix ist aber: wir sind zusammen, und wir haben Bock auf das.
 

Signale 18 – Musik politisch machen findet am 19. Dezember 2018 ab 16 Uhr in der Arena Wien statt. Tickets (15 / 20 / 30 Euro – pay as you can) erhältlich bei WienXtra Jugendinfo oder online bei der Arena Wien. Mehr unter signale.jetzt

Autor*innen: Signale Organisationsteam

Christiane Rösinger (Bild: Christina Zück)
Gustav (Bild: Thomas Degen)