Am 4. Mai war der Tag gegen DRM (Digital Rights Management), eine Kampagne der Free Software Foundation (FSF) unter dem Namen DefectiveByDesign.org. Wahrscheinlich sollte ich den Text anderes beginnen, denn jede Apple LiebhaberIn verabschiedet sich wahrscheinlich gleich beim ersten Satz und meint das beträfe sie nicht, weil es wieder um irgend ein kryptisches Linux-Zeugs geht. Es gehört aber leider zu den Fakten, dass Apple neben anderen Big-Playern die Freiheiten alltäglicher Kulturpraxen, wie das Tauschen, Kopieren und Remixen von digitalen Daten aus reiner Profitgier gefährdet.
Aufgrund der anhaltenden iPad- (unter den KritikerInnen auch iBad-) Hysterie und der immer öfter auftauchenden Wischfinger in meiner Umgebung möchte ich in dem Zusammenhang mal bei Apple bleiben.
Was ist DRM überhaupt und was hat Sexy-Apple damit zu tun?
DRM ermöglicht zb. Apple genau festzulegen, was NutzerInnen mit digitalen Daten machen dürfen. Das Digital Restrictions Management überwacht, wer wie oft Daten kopiert, brennt oder abspielt. Ist die Zahl der erlaubten Vorgänge erreicht, wird die entsprechende Datei unbrauchbar.
Das funktioniert, indem die Hardware die Software um Erlaubnis bittet, doch ein Ausgabegerät (Beamer oder Bildschirm) einen Film Deiner Wahl abspielen zu lassen. Wenn er die Berechtigung nicht erhält, führt das dazu, dass Dir Dein Beamer (mit etwas Unterstützung durch das DRM) den gemütlichen Abend mit FreundInnen versaut, weil er »nicht berechtigt« ist, den Film abzuspielen, wie Anna M. Liebmann so schön emotional in der letzten servus-Radiosendung geschildert hat.
Stichwort iTunesStore
iTunes ist ein gratis downloadbares Multimedia-Verwaltungsprogramm von Apple zum Abspielen, Konvertieren, Organisieren und Kaufen von Musik, Hörbüchern, Podcasts, Filmen, iPhone-Apps und Spielen. iTunes wird aktuell für die Plattformen Mac OS X, Windows XP, Windows Vista und Windows 7 weiterentwickelt. Dazu gibt es auch ein Online-Geschäft, den iTunes Store.
Alle Medien im iTunes Store (mit der Ausnahme von Musik) sind in Apple's DRM eingepackt. Seit Jänner 2009 ist iTunes-Musik DRM-frei. Als einer der letzten Händler von DRM-behinderter Musik konnte Apple die Rolle des Opfers der Musikindustrie nicht länger halten. Seit 2007 war Apple auf Grund einer Sammelklage in den USA bereits als Monopolist in diesem Feld ins Rampenlicht gerückt und unter gewaltigen Druck geraten.
Das beweist die Durchsetzungskraft von UserInnen-Initiativen auf Konzerne, und führt zurück zur Kampagne der Free Software Foundation (FSF), die am Anfang meines Artikels erwähnt wird und sehr unterstützenswert ist.
Für Filme, TV-Shows, Hörbücher und Podcasts im iTunes Store gilt immer noch die DRM-Variante von Apple, mit dem trügerischen Namen FairPlay. Sie schränkt die Benutzung der Dateien im Vergleich zu nicht-eingeschränkten Dateien ein. Files können nur begrenzt zwischen Windows und Apple und nur über iTunes getauscht werden. Wer eine CD oder DVD mit Titeln brennen will, muss den entsprechenden, kompatiblen Brenner verwenden...
Generell müssen alle Anwendungen von Apple signiert werden. Ein unvergleichliches Level an Kontrolle für einen Computer, den man sich eigentlich überdurchschnittlich teuer gekauft hat, um ihn sein Eigen nennen zu können. Aber Usability und Design vor Freiheit macht es scheinbar möglich, diese eigentliche Frechheit als Luxus zu empfinden.
Die neue Wunderflunder – iPad
Das neueste, 2010 am Markt erschienene Produkt ist iPad. Ein überdurchschnittlich großes iPhone mit dem nicht telefoniert werden kann - so behauptet manch böse Zunge – hat für eigenartige Hysterie unter KonsumentInnen gesorgt.
Nach dem Hype wächst an Tag 1 der iPad-Ära aber bereits der Unmut über Apple. Viele machen ihrer Enttäuschung über Steve Jobs (Apple Chef oder Lord Apple) neuestes Gerät im Internet Luft.
»Das iPad scheint derart gestaltet, den KäuferInnen den letzten Cent aus der Tasche ziehen zu wollen. So würde ein eingebauter SD-Kartenslot den Konsumenten erlauben, den Speicher selbst zu erweitern. Das wäre nicht zu Apples finanziellem Vorteil, aber von Apple hat ohnehin niemand erwartet, sich um den Kunden zu bemühen...« lautet ein Kommentar auf dem Blog »www.crunchgear.com«.
Ein weiterer Eintrag kommt zu folgender Konklusio: »... Apple will, dass Sie einen Knopf drücken und Inhalte konsumieren (und vorzugsweise ein paar Dollar dafür bezahlen).«
Und auch DRM spielt hier wieder eine tragende Rolle. Das iPad setzt darauf, als Buch verwendet werden zu können. Hier soll wieder FairPlay zum Einsatz kommen und nicht Adobes Geschmack von Kopierschutz. Beides ist natürlich schlecht, aber mit FairPlay bindet Lord Jobs alle UserInnen an Apple. Während Adobes Format (bei dem es sich um keinen offenen Standard handelt) mit mehreren E-Readern auf unterschiedlichen Plattformen verwendet werden kann (ähnlich ».pdf«), werden iBooks nur auf Apple-Hardware lesbar sein.
Jedenfalls scheint »iBad« genau auf die Zielgruppe zugeschnitten zu sein, die sich schon immer gewünscht hat, dass ein PC wie ein Fernseher funktioniert.
Insofern passt auch Florian Cramers Analyse auf der guten alten Mailing Liste »Nettime« hier wie die Faust aufs Aug, in der er meint, dass für den/die Mainstream Computer UserIn der Unterschied von Files, Software und Network Services immer mehr verschwimmt... »the whole notion of the file may soon become engineering lingo and be considered an awkward paradigm of an unfriendly tech past!«
Ein erschreckender aber gut nachvollziehbarer Gedanke, der auch DRM in die Hände spielt. Alles was sich nicht auf der eigenen Festplatte befindet, lässt sich ja noch leichter kontrollieren.
Wenn Leute gar nicht mehr wissen, was eine Datei ist, dann ist es ihnen noch mehr egal welches Format, Codec, Komprimierung etc. benutzt wurde, um sie zu erstellen. Das ist ja leider jetzt schon den Meisten egal, befürchte ich.
Der Rosenkrieg zwischen Adobe und Apple und wie sie uns alle ficken...
Ein Konflikt zwischen Adobe und Apple, der einen richtigen »Flamewar« zwischen Flash-LiebhaberInnen und Flash-HasserInnen in der digitalen Welt provoziert hat, war die Entscheidung von Steve Jobs Flash (sowie andere populäre Entwicklungsumgebungen für Programme) auf »iBad« und in Zukunft generell nicht mehr zuzulassen. Unter anderem entblödete er sich nicht zu bemängeln, dass Flash zwar sehr verbreitet aber nicht »offen« sei (was nebenbei erwähnt nur teilweise stimmt), und dass Flash ausschließlich von Adobe kontrolliert und vertrieben werde. Das klingt ein bisschen wie ein Witz aus dem Munde eines Mannes, der dieses Spiel ja miterfunden hat.
Adobe würde uns allen einen großen Gefallen tun, wenn sie einfach den Source Code für den Player veröffentlichten, dann wär eine Ruh. Nur Jobs sieht die Zukunft von Multimedia-Web im offenen Standard HTML 5. Was prinzipiell löblich ist, aber auch hier gibt es Bedenken und andere Sichtweisen, u.a. dass HTML5 einfach noch nicht soweit sei.
HTML 5 soll das bestehende HTML um »Rich Web Content« erweitern. Neue Schnittstellen, um zweidimensionale Grafiken zu zeichnen, die bessere Einbettung von Video- und Audioinhalten sowie zahlreiche neue Elemente zur besseren Auszeichnung in HTML-Seiten sind die Besonderheiten von HTML 5. Der einzige wirkliche Gewinn aber wäre, wenn man auch endlich freie Formate wie .ogg, .ogv etc. einfach in Seiten einbinden könnte, ohne doofe Playerprobleme zu haben.
Das würde dann einfach so aussehen: <video src="filmname.ogv" type="video/ogg; codecs='theora, vorbis'" controls="controls"></video>
Aber auch hier macht sich Herr Jobs wieder wichtig und meint, er müsse jetzt auch noch mit den EntwicklerInnen des freien Codecs Theora ein Hühnchen rupfen, weil Herrn Jobs wieder sein hauseigenes Format Quicktime wichtiger ist! Die letzte Nachricht auf golem.de lautete: Derzeit wird ein Patentpool zusammengestellt, um gegen Theora und andere »Open-Source-Codecs« vorzugehen, schreibt Apple-Chef Steve Jobs angeblich. In dieser Email, deren Ursprung nicht geklärt ist, postulierte er: »Nur weil etwas Open Source ist, bedeute das nicht, dass es nicht die Patente anderer verletzt. Ein offener Standard ist etwas anderes als ein kostenloser Standard oder Open Source.« Fuck you Jobs! Deutlich wird der auf Slashdot zitierte Xiph-Chef Monty Montgomery: »Sollte Jobs' E-Mail echt sein, wäre dies ein öffentlicher Fauxpas.«
Quellen:
http://www.defectivebydesign.org/
http://www.golem.de/specials/html5/
http://www.macwelt.de/
http://www.linux-magazine.com/
http://www.heise.de/ct/
http://www.computerworld.com
http://www.nettime.org/
http://irights.info