In der letzten Ausgabe der Versorgerin haben wir einiges über die Entstehung der Information gehört. Die Symmetriebrüche in Molekülen der Aminosäuren, die Entwicklung des Lebens über natürliche Informationstechnologien, den Erhalt und die Vervielfältigung der Information über Gene. Ein Meilenstein in der Informationsentwicklung war die Fähigkeit des Menschen sein Spiegelbild zu erkennen. Dies fand mit großer Wahrscheinlichkeit über Spiegelungen auf der Wasseroberfläche statt. Mit der wachsenden Information entwickelten sich auch die Medien als Transportmittel. Medien wurden zu mächtigen Instrumenten, da es ihr Ziel war möglichst viel Information zu möglichst vielen Menschen zu transportieren. Wir erinnern uns: Die Information verliert aber ihre Gültigkeit in dem Moment, in dem sie informiert hat. Wir haben in der letzten Ausgabe die konventionellen Pushmedien (Radio, TV) untersucht und kommen nun zu den Pullmedien. Ein wichtiger Meilenstein in der Informationsentwicklung. In Folge gehen wir von der Annahme aus, dass in Zukunft nur mehr über Pullmedien (wie z.B. das Internet) Information transportiert wird, da sie den Informationssuchenden nur die Information liefert, die benötigt wird. Dadurch wird sich auch das Alien »Information« besser, schneller, effektiver entwickeln.
Die Probleme der Information in künstlichen Technologien
Vielleicht liegt das Problem der digitalen Informationsflut, nicht beim Trans-port der Daten, sondern bei der Aufbereitung. Könnte es nicht auch daran liegen, dass wir bei der Konstruktion der informationsspeichernden Maschi-nen übersehen haben, eine Korrekturmöglichkeit, wie wir sie von der Natur kennen, einzubauen? Aus rationalen und marktwirtschaftlichen Überlegungen wurde auf Ruhephasen, in denen man neue Information reflektieren kann, verzichtet. Es wurde keine Alternative zur Wahrheit (Realität) geschaffen – keine Kunst, kein Traum, kein Schlaf, keine Regeneration. Das Vergessen – eine der wesentlichen Errungenschaften unserer Evolution, fehlt in dieser Technologie, die im Moment so wichtig wird. Dadurch könnte aber langfristig das System unglaubwürdig werden oder die Dualität könnte durch die allgegenwärtige Information selbst verloren gehen. Damit würde aber die Parität verletzt werden, und eine Paritätsverletzung lässt unsere Realität nicht zu.
In der künstlich geschaffenen Welt der Information wird derzeit noch mit einem Markt- bzw. dem Informationsvorteil gearbeitet. Dieser wird aber mit zunehmender Demokratisierung (Verteilung der Information durch den Informationsfluss) geschwächt. Ja, du hast richtig gelesen, die Informationsverbreitung über Pullmedien entwickelte eine Informations-Demokratisierung.
Damit die Information nicht verloren geht, muss sie immer neue Rezipienten erreichen. Dies verträgt sich aber nicht mit dem System des Kapitals, bei dem immer ein Informationsvorteil zurückgehalten werden muss. Im Rückblick ist es erstaunlich, dass sich die Informationstechnologie sehr früh von den militärischen Erfindern und anschließend auch vom Markt (New Economy) befreite. In einem Rundumschlag löste sie sich von all diesen humanoiden Werten und referenzierte nur mehr auf die Information selbst.
Das Internet gehört niemand mehr, und die Transportwege sind redundant. Die Opensource- und Freesoftwaretechnologien lösten in systemimmanenten Bereichen sehr rasch die proprietäre Software ab. Wie von der Natur kopiert, setzte unser Informationsnetz auf Maschinen(Software), die transparent sind und sich dadurch selber reproduzieren könnten. Vernetzungsprojekte im Interesse von globalen Marktführern, die über Satellitennetze versuchten, Information global anzubieten, scheiterten kläglich. Auch die gewinnorientierte Patent- und Urheberrechtssituation wird immer weiter zurückgedrängt. Die Antwort lag in der Quantität der Ressourcen, ein Patent als Schutz für Individuallösungen ist zur Zeit nur mehr über komplizierteste Rechtskon-strukte zu erreichen. Für unsere historisch gewachsene Wirtschaft im Informationsbereich, die noch immer im Sinn der Pushmedien agiert, verschlechtert sich die Situation zunehmend. Die erforderte Freiheit des Wissen und der Information wird teilweise noch immer nicht akzeptiert. Mit der Information kann einzig und allein über die Anzahl der Kopien (Hits – die weitergegebene Information) ein Mehrwert generiert werden, nicht mit der Information selbst.
Informationsbranchen wie Zeitungen, Enzyklopädien, Übersetzungsbüros, Fertigungs-know-how, Musikindustrie, Kartografien, Börsenhandel, Softwareentwicklung uva. funktionieren im offenen freien Netz schlecht. Und was passiert mit diesen Genres, wenn in Zukunft jede Information überall gleichzeitig verfügbar sein wird? Eine maximale Verteilung der Information ist ja das offensichtliche Ziel des expandierenden Netzes. Aber wer hat dieses Ziel festgelegt? Wer hat Interesse an dieser demokratischen Umverteilung? Sind es die blauäugigen Opensource- und Freesoftware Programmier-Hippies? Oder liegt die Lösung im komprimierten Urcode der Information (wie in der letzten Ausgabe erläutert).
Ein geschlossenes Informationsnetz erreicht nur eine begrenzte Zahl an potentiellen AbnehmerInnen. Und wir wissen, wenn die Information beim Rezipienten angekommen ist, verliert sie ihre Qualität als Information.
Dadurch ergibt sich auch die Notwendigkeit der Quantitätssteigerung. Hier müssen wir ansetzen, um nicht auch noch in eine Knechtschaft der Pullmedien zu gelangen. Die Information muss in Bewegung bleiben, sie braucht uns als Rezipienten im zweiten und dritten Layer, und das ist unser Vorteil. In diesem Wechselspiel müssen wir aber wach bleiben, und die Gefahren der Maschinenlogik rechtzeitig erkennen, um die Information durch eine sinnfreie Punklogik herauszufordern und nur scheinbar zu stimulieren. Die Kunst und der Intellekt hatten früher einmal diesen Auftrag, aber kommen derzeit durch die steigende Komplexität der Technologien ihrer Aufgabe nicht nach.
Ein weiteres Problem liegt im Trend zum Web3.0, dem semantischen Web. Hier wird es kaum Platz für Utopien und »Neues« in Religionen, Kunst, Philosophien oder anderen Geisteswissenschaften geben. Nur archivarisch
erfassbare Konstrukte haben einen messbaren Inhalt. Nur was die Ratio und das System weiterbringt wird sich im Netz auch weiterentwickeln. Von den oben genannten Genres wollen wir aus der Sicht der/s KünstlerIn die aktuelle Situation analysieren. Die Kunst ist in den Informationsnetzen derzeit zu schwach aufgestellt4, um in der semantischen Kontextentwicklung der Maschinen mit zu mischen. Kunst wird über den Markt gemessen werden, und nicht über die Notwendigkeit eines »intellektuellen« Handelns. Dabei könnte die Kunst ein wichtiger Attraktor für Kreativität in den neuen Informationstechniken sein. Ein Faktor des Reflektierens, der Traumwelt und des Vergessens. Es bleibt uns trotz der kritischen Situation nichts anderes über, als an eine Möglichkeit einer guten Welt zu glauben, aber gleichzeitig die Informa-tion mit vielen »sinnfreien« taktischen Manövern auf einem Nährboden der Opensource- und Freesoftwaretechnologie herauszufordern.