Aus der Werkstatt

Während andernorts in Linz die Eier zerschlagen werden, brüten wir sie behutsam aus.

Baustelle oder Die Eier sind gelegt

Die Stadtwerkstatt steht als Infrastruktur in einer starken und charakteristischen Wechselbeziehung mit ihrer lokalen Umgebung - der Charakter der inneren Arbeit wurde und wird dadurch beeinflusst. Das war zuvor so, als der unmittelbare Einzugsraum, der als öffentliche Grünanlage ohne besondere Einschränkungen Möglichkeit und Ressource als Aktivitätenraum bot. Das war während der Bauphase zum neuen Ars Electronica Center so. Und das wird auch in Zukunft so sein.
Die Baustelle und deren Auswirkung hat in den letzten beiden Jahren den Arbeitsalltag der Stadtwerkstatt und aller im Haus ansässigen Initiativen massiv beeinträchtigt und verändert. Physische Geduldsproben, Baulärm oder Staubbelastung für Mensch und Technik gingen Hand in Hand mit einem hohen Aufkommen an zusätzlichem administrativen Aufwand wie zum Beispiel Begehungen mit der Bauaufsicht oder Verhandlungen mit diversen Ämtern. Hinzu kommt noch, daß es im Zeitraum der Bautätigkeiten bereits existenzbedrohende Konsequenzen für die Stadtwerkstatt gegeben hat, hervorgerufen durch Zugangsbarrieren oder etwa die Gastgartenschließung des Vereinslokals Café Strom.

Hier entsteht... oder Da Gackern die Hühner

Ende 2007 wurde auf Initiative der Stadtwerkstatt der Hamburger Aktivist und Künstler Christoph Schäfer (www.parkfiction.org; siehe Versorgerin #0077, April 08 »Schnapp Dir den Südbalkon«) eingeladen, um gemeinsam mit Stadtwerkstatt, den AnrainnerInnen und dem Ars Electronica Center eine Vision für die neu entstandene Plateaufläche zu entwickeln – dieses Projekt trägt den Namen »Hier entsteht...«. Die Lokalpolitik will aber starken Einfluß nehmen und so wird die gesamte Plateaufläche zum Spielball der Interessen. Argumente der künstlerischen Leitung des Ars Electronica Centers und der Stadtwerkstatt verloren im Außenraum des Museums ihre Wirkung. Unsere Argumentation, deren Fokus auf eine künstlerische, nicht-kommerzielle und Freiraum schaffende Bespielung zielte, fand kein Echo. Mit dieser kurzsichtigen Positionierung der Politik war zu rechnen – internationale Beispiele zeigen gegenläufige Strategien auf.

Neuland oder Nicht alle Eier in einen Korb legen

Ausgehend von inhaltlichen Entwicklungen und äußeren Gegebenheiten wurden erweiterte Strategien erarbeitet, um den urbanen Raum vor der Haustüre der Stadtwerkstatt nicht zu einer Spielwiese von Politik und Eventkultur werden zu lassen. Der kulturelle Bereich rund um Ars Electronica Center und Stadtwerkstatt soll im eigenen Interesse langfristig auf hohem Niveau gehalten werden. Die Stadtwerkstatt hat sich noch nie gescheut Konfrontationen herbeizuführen. Um unsere Position rund um diesen Raum zu verstärken, entwickelten sich verschiedene Diskursstränge und Vorhaben:

Deck-Dock oder Freilandhaltung statt Legebatterie

Das Ziel von Deck Dock ist, den wohlbekannten Raum der Donaulände vor der Stadtwerkstatt und dem neuen Ars Electronica Center neu zu entdecken, nutzbar zu machen, zu bespielen oder als Ort des bloßen Verweilens zugänglich zu machen. Als einer der bekanntesten Transferorte der Stadt Linz – Brücke Urfahr-Linz, Freizeit-Arbeit, Stadt-Natur, Wasser-Land – ist dieser Raum prädestiniert zur intensiven künstlerischen Auseinandersetzung und Bespielung. Oder aber – rein funktional – als Kommunikationsort, Treffpunkt, Tummelplatz. Den Begriff »Linz an der Donau« in die Realtität geholt – eine Stadt entdeckt ihren Fluß, erkennt Möglichkeiten und Potenziale und wird zur NutzerIn ihrer Qualitäten. Der in den letzten Jahren gängigen Praxis der Spektakelkultur am Wasser, der »Eventisierung« von urbanen Räumen wird allerdings kein Platz geboten. Im Vordergrund stehen bei Deck-Dock künstlerische Arbeiten, experimentelle Projekte im Spannungsfeld zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaftspolitik. Die Ideen reichen von Landschaftspflege über urbane Entspannungszonen, Insel, Kulturdock und Donauserver.
Hierfür wurde intern eigens die Abteilung DOnautik geschaffen, die inhaltlich und produktionstechnisch für das Projekt zuständig ist.
Sichtbar ist der Fortschritt der Vorhaben bereits durch die neu errichteten Poller (Vorrichtung zur Befestigung von Schiffen). Des Weiteren hat Stadtwerkstatt bereits die Zusage für die Ländennutzung vom Bundesministerium.

Gespräche am Küchentisch oder 4 Eiklar, 3 Dotter,...

Küchentischgespräche sollen zur Verbreitung neuer Projekte und Ideen der Stadtwerkstatt beitragen. Alle zwei Wochen, meist Mittwochs, wird eine Person aus dem Umfeld neuer Medien, Kunst und Kultur eingeladen, um in der Küche der Stadtwerkstatt zu kochen. Um regionale kulturpolitische Verstrickungen zu vermeiden, werden nur Personen eingeladen, die keine besondere Bindung zu Linz haben, aber auf nationaler Ebene in einem ähnlichen Aktionsfeld wie die Stadtwerkstatt tätig sind oder waren. Während des Kochens werden aktuelle Projekte besprochen. Dadurch wird nicht nur die Stadtwerkstatt über neue Tendenzen und Projekte informiert, sondern neue Ideen der Stadtwerkstatt gelangen durch die GesprächspartnerInnen automatisch in einen überregionalen Kontext. Die Veranstaltungen sind öffentlich zugänglich, werden aber auch via Internet in Form eines Audio- und Videostreams live übertragen. Zu Gast waren bereits Udo Wid (Physiker und Kulturtheoretiker), Joachim Baur (Werkstadt Graz) und Andrea Mayr (Medienkünstlerin).

Die Konfrontation von Kunst & Kulturarbeit mit dem Stadtraum im ureigensten Sinne ist unsere Motivation. Aktivistische Auseinandersetzung und ein kritischer, zeitgemäßer Fokus auf kulturelle Rahmenbedingungen.

Land in Sicht!
Poller statt Böller!
Schiff ahoi!
Prost Mahlzeit!