Rechts macht Druck

Thomas Rammerstorfer verirrt sich (fast) im wachsenden blauen Blätterwald.

Vielleicht hat man ihnen in den letzten Wochen eine Ausgabe vom Wochenblick in die Hand gedrückt oder in den Postkasten gelegt und sie durften sich über Schlagzeilen wie »Kriminalität explodiert«, »Steuergeld für radikale Islamprediger«, »Asyl-Vergewaltiger darf nicht abgeschoben werden« und vielen Bildern von Frauen in Dirndlkleidern oder auch gänzlich ohne Kleider wundern. Vielleicht haben sie sich auch gar nicht gewundert, denn beim ersten Blick unterscheidet sich der Wochenblick optisch und inhaltlich nicht von diversen Gratis- und Meistens-Gratis-Blättern. Hinter den Kulissen werken hier aber Menschen, die der FPÖ nicht nur intellektuell nahestehen, sondern dieser häufig auch mit Parteibuch verbunden sind. Aber dazu mehr im Text. Jedenfalls rauscht es ordentlich im rechten Blätterwald. Wochenblick ist nach Info-Direkt und Alles Roger? die dritte professionelle Neugründung eines einschlägigen Printmediums innerhalb eines guten Jahres. Versuchen wir also eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Printmedien, die die FPÖ unterstützen, ihr nahe stehen oder von ihr herausgegeben werden.

FPÖ am Boulevard

Der Aufstieg der extremen Rechten in Europa und ganz besonders in Österreich wäre ohne die Unterstützung der Medien nicht denkbar. Zwar beklagt man gerne wortreich eine angebliche Benachteiligung durch die »Lügenpresse« und wähnt sich immer wieder mal als Opfer »linkslinker Hetzkampagnen«. In Wahrheit ist der FPÖ klar, dass sie wie keine zweite Partei vom vor allem in Österreich besonders starken Boulevardsektor mit seiner europaweit einzigartigen Medienkonzentration profitiert.

Der ehemalige FPÖ-Politiker und heutige Zur Zeit-Herausgeber Andreas Mölzer dazu: »Ich glaube, dass der Aufstieg Jörg Haiders und der Freiheitlichen seit 1986 untrennbar auch mit der Kronen Zeitung verbunden ist. In dem Maße, in dem diese Oppositionspartei, diese Oppositionsbewegung Missstände aufgezeigt hat in dem verkrusteten politischen System, in dem Maße, in dem sie Bürgerprotest artikuliert haben, hat das auch die Kronen Zeitung traditionell aus ihrer Linie transportiert und artikuliert. Und das hat der freiheitlichen Partei natürlich sehr viel genützt, weil es damit ein großes Medium gab, das die Themen auch immer wieder populär behandelt hat.«1

Konkrete Wahlaufrufe aus den Medienkonzernen gibt es natürlich nicht, doch die rechte Eroberung bzw. Verteidigung des vorpolitischen Raumes durch permanente Angstmache und Heimatgefühlsduselei wäre ohne Unterstützung der Krawallblätter nicht in diesem Ausmaß gelungen. Auch die starke Anti-EU-Stimmung in der Bevölkerung ist ohne die Boulevardmedien, wiederum in erster Linie der Kronen-Zeitung, nicht zu erklären.

Die offiziellen Parteizeitungen

Die Stärke der »Krone« brachte der FPÖ allerdings nicht nur Glück und Segen. Paradoxerweise behinderte sie die Entwicklung eigener Parteimedien. Das rechte LeserInnenpotential war größtenteils abgeschöpft, so dass man auf dem Tageszeitungssektor nie richtig Fuß fassen konnte. Die einzige »freiheitliche« Tageszeitung mit längerer Existenz-spanne war das Salzburger Volksblatt, das sein Erscheinen 1979 einstellte. In den 1980er Jahren wurde es offizielles Parteiorgan (für Salzburg) und erschien zweimal wöchentlich, ehe es 1991 ganz eingestellt wurde.

Entsprechend ihrer Gliederung in Bezirks- und Landesorganisationen sowie die Bundesorganisation, weiters den parteinahen »Spartenorganisationen« für Jugend, Arbeitnehmer, Familien, Frauen, Senioren, Studenten usw. gibt es eine Reihe von Printmedien, die aber meist nur sporadisch (und regelmäßig nur während Wahlkämpfen) erscheinen. Ein Heinz-Christian Strache war in jungen (24) Jahren Gründer und Herausgeber der Freien Bezirkszeitung Landstraße. Die oberösterreichische Landespartei gibt OÖ informiert heraus, der »Ring Freiheitlicher Jugend« ein Blatt namens Tangente, der »Ring Freiheitlicher Studenten« schlicht den Ring usw. usf…

Als offizielle Parteizeitung ist die Neue Freie Zeitung zu nennen, die wöchentlich erscheint. Optik und Layout der Neuen Freien Zeitung erinnern nach einem Relaunch Anfang 2015 stark an Heute.

Von A wie Aula bis Z wie Zur Zeit

Die »Freiheitlichen Akademikerverbände« sind Medieninhaber einer Zeitung, die häufig auch mit dem Beinamen »Zentralorgan des österreichischen Rechtsextremismus« Erwähnung findet: Die Aula. Die Bedeutung des »freiheitlichen Monatsmagazins« dürfte aber im 66. Jahrgang seines Erscheinens im Schwinden sein. Zwar verfügt man über einen Stammleser-Innenkreis, den Sprung in die digitale Welt hat man aber anscheinend verpasst. Zuletzt gewann man zwar einen Prozess rund um die Behauptung, die aus dem KZ Mauthausen befreiten Häftlinge seien »raubend und plündernd, mordend und schändend« durchs Land gezogen, ein gewisses Schmuddelimage wird man allerdings nicht mehr los. Hauptkonkurrent im Kampf um die akademisch gebildeten oder zumindest alphabetisierten Rechtsextremen ist Andreas Mölzers Wochenblatt Zur Zeit, das seit 1997 seinem deutschen Vorbild Junge Freiheit nacheifert.

Sie sind einer ganz großen Verschwörung auf der Spur: Alles Roger? und Info-Direkt

Die Ukraine-Krise ab 2013 und die nachfolgende Annäherung weiter Teile der rechtsextremen und/oder verschwörungstheoretischen, jedenfalls anti-amerikanischen Milieus und Organisationen an Russland, sollten auch ihren Niederschlag in der hiesigen rechten Publizistik finden. Nach dem Sturz der pro-russischen Regierung, der Krim-Krise und den Beginn von bis heute anhaltenden Kampfhandlungen zwischen pro-russischen SeperatistInnen und Regierungstruppen in der Ostukraine, sah sich das Putin-Regime nach Hilfswilligen im Westen um. Man musste wohl nicht allzu lange suchen. Ein großer Teil der rechten Szene (und auch einige »Linke«) solidarisiert sich in nahezu jedem Konflikt automatisch mit der Seite, die nicht oder weniger den USA und Europa, vulgo »dem Westen«, nahesteht. Ein erstes großes Treffen von »Putins fünfter Kolonne«2 fand im Juni 2014 in Wien statt. Gastgeber war Konstantin Malofeew, Investmentbanker aus dem Umfeld des Kremls, der auch im Verdacht steht, die Separatisten in der Ostukraine zu finanzieren. Dazu ein bunter Haufen Repräsentanten rechtsextremer Parteien aus mindestens halb Europa: Spanische Carlisten, Ataka aus Bulgarien, Front National, Kroaten, Georgier… und natürlich die heimische FP-Spitze: HC Strache mit seinem Stellvertreter Johann Gudenus sowie dem Wiener FPÖ-Politiker Johann Herzog. Star der Veranstaltung war unbestritten Alexander Dugin, Publizist aus Moskau, Mitbegründer der Nationalbolschewistischen Partei, Chefideologe der »Eurasischen Bewegung« bzw. des russischen Nationalismus. Was in Wien beschlossen wurde, ist nicht bekannt, allerdings kam kurz darauf die Putin`sche Werbekampagne so richtig ins Rollen:
Im November 2014 ging international das Nachrichtenportal sputniknews.com online und sendet mittlerweile in 31 Sprachen ein Bild der Welt aus der Sicht des Kremls: »Sputnik berichtet über das, worüber andere schweigen. Sputnik füllt eine einzigartige Nische als alternative Nachrichtenquelle und Radiosender.«3 Auf facebook folgen derzeit 155.000 Menschen alleine dem deutschen Sputnik und lassen sich dort über die Großartigkeit Russlands und die Schäbigkeit des Westens aufklären.

Das kleine Brüderchen aus Linz ist das Info-DIREKT-Magazin. Die Printausgabe erscheint seit Jänner 2015 alle zwei Monate und stellte gleich am Cover der ersten Ausgabe klar: »Wir wollen einen wie Putin«4 – mittlerweile meint man diesen gefunden zu haben: »Die Österreicher können ihren eigenen Putin wählen«5 hieß es im Mai 2016 in Bezug auf die Präsidentschaftskandidatur Norbert Hofers. Das Hochglanzmagazin, das sich nahezu ohne Inserate wie durch Geisterhand finanziert, spielt auch ansonsten alle Stückeln in Sachen Verschwörungstheorien, Antiamerikanismus und Fremdenfeindlichkeit. »Medieninhaber, Hersteller, Herausgeber und Redaktion« von Info-DIREKT ist ein »Verein für Meinungsfreiheit und unabhängige Publizistik«. Obmann Karl Winkler aus Linz ist auch oberösterreichischer Vorsitzender der rechtsextremen »Österreichischen Landsmannschaft«. Als Kontaktadresse scheint die Firmenadresse des Linzer FPÖ-Gemeinderates Wolfgang Grabmayr auf.

Alles Roger? fragt eine neue Monatspostille. Das »Querformat für Querdenker« erblickte Mitte 2015 in einer angeblichen Auflage von 200.000 gratis verteilten Exemplaren die Welt. Excalibur-City-Eigentümer Ronnie Seunig bietet eine Melange aus Verschwörungstheorien und Unterhaltung. Willy Mernyi vom Mauthausen-Komitee nennt das Blatt »tendenziell antisemitisch und völlig obskur«.6

Wochenblick – Die neue Zeitung für Oberösterreich

Auch bei diesem »unabhängigen« Blatt ist der FPÖ-Einfluss offensichtlich. Sie wird von einer »Medien24 GmbH« produziert, deren Geschäftsführer Norbert Geroldinger ehemaliger FPÖ-Politiker ist. Redakteurin Nicole Di Bernardo ist stellvertretende FP-Stadtparteiobfrau in Klagenfurt, war bzw. ist auch bei RFJ und RFS aktiv. Zumindest drei weitere Redakteure stammen aus der FPÖ bzw. dem Umfeld.7 Der Chef- und ein weiterer Redakteur sind Ex-Mitarbeiter der OÖN und über den Redakteur Walch, langjähriger ORF-Mitarbeiter im Landesstudio, ist zu lesen: »Fans des ehemaligen Musikantenstadls werden durch seine Berichterstattung im ‚Wochenblick‘ eine neue geistige Heimat finden.« Neben Rechtspopulismus bietet das – vom Layout ebenfalls an Heute erinnernde - Blatt auch unverfängliche Boulevard-Zutaten wie Horoskop, Rezepte, Sport und zudem ein Quantum Pornographie. Über die Finanzierung kann man nur rätseln – die FPÖ bestreitet ein Sponsoring. Auch Inserate scheint der großflächig gratis verteilte Wochenblick nicht zu benötigen. In den mir vorliegenden Ausgaben ist nur eines zu finden, und zwar von der städtischen Welser Wohnbaugenossenschaft »Welser Heimstätte«. Sicher rein zufällig findet man in der gleichen Ausgabe einige Jubelartikel zum FPÖ-regierten Wels sowie ein Bürgermeister-Interview.

 

»Kritischer« Journalismus ist auch kompostierbar (Foto: Redaktion)