Bereits zum dritten Mal veranstaltet die Stadtwerkstatt das dreitägige internationale Festival »Treffpunkt Afrika«, mit dem heurigen Titel »Afropea Now!«. Nachdem 2010 Schwerpunkte der Umwelt- und Kommunikationstechnologie sowie der Informationsaufbereitung und -weitergabe behandelt wurden, standen 2012 mit dem Titel »Survival of the Hippest? – Urban Art and Culture in Africa« Thematiken der urbanen Kunst- und Kulturtechniken im Vordergrund.
Interview mit Sandra Krampelhuber, Kuratorin des Festivals Treffpunkt Afrika 3 »Afropea Now!«
Liebe Sandra, Du gestaltest mittlerweile schon zum dritten Mal das Festival, was ist das Gemeinsame?
Der Aufbau des Festivals ist mehr oder weniger gleich, es gibt immer ein Symposium mit internationalen Gästen, ein Filmprogramm und auch eine Nightline mit Konzerten. Wichtig ist uns immer ein positives, vor allem ein neues Bild über den Kontinent und die afrikanische Diaspora zu vermitteln. Wir möchten mehr Bezug auf die spannenden und kreativen Outputs legen und uns nicht auf die allgegenwärtigen negativen Projektionen konzentrieren. Natürlich ist es auch wichtig Probleme anzusprechen und nach Lösungen zu suchen. Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es aber nicht nur Tragisches, es gibt sehr viele gute Sachen und Dinge, von denen »wir« lernen können.
Heuer läuft das Festival unter dem Motto »Afropea Now!«. Weshalb wurde dieser Titel gewählt?
Dieses Jahr wurde der Titel »Afropea Now!« gewählt, da sich der Fokus auf die afrikanische Diaspora in Europa richtet und die afrikanisch-europäischen Wechselwirkungen im Bereich der Kunst und Kultur sowie »die Identität« beleuchtet werden. Es geht um einen neuen, noch utopischen Kontinent, denn nicht die Nationalität, sondern die gemeinsamen Interessens-gebiete (z.B. Kunst und Kultur) können neue Kontinente über die nationalen Grenzen hinweg bilden. Es ist ein ideeller Kontinent, ein Wunsch von mir wäre ein realer.
Über welche Highlights dürfen wir uns heuer beim Festival Treffpunkt Afrika freuen?
Die Bloggerin Minna Salami wird uns einen Einblick in »Protrayals of African Women in Europe Historically and Today« gewähren. Das Spannende ist, dass sie nicht nur auf schwarze Frauen in der Gegenwart Bezug nimmt, sondern auch auf das Bild der schwarzen Frau in der Vergangenheit eingehen wird. Beispielsweise galt die schwarze Frau als Schönheitsideal in einem frühen Europa.
Der Filmschwerpunkt wird traditionell fortgeführt. So wird Nadia Denton über Nollywood, die Nigerianische Filmindustrie, sprechen und auf die Bedeutung für die afrikanische Diaspora eingehen. Viele in Europa wissen gar nicht, dass dieser Filmmarkt zu den größten der Welt gehört. Wir freuen uns auch, einen ghanaischen Künstler dabei zu haben. Serge Attukwei Clottey wird aus der Sicht eines Künstlers über »Europe in the Eyes of Africa« referieren. Sehr interessant wird auch der Input »The Black Victim Complex and The White Savoir Complex« von Abdallah Salisu aus Wien werden. Es ist etwas, was uns alle betrifft, wo wir mit unseren versteckten Rassismen, auch wenn wir es nicht wahrnehmen, vorbelastet sind. Es wird auch spannende Filmscreenings geben. Zur Eröffnung wird der Dokumentarfilm »The Stuart Hall Project« von John Akomfrah gezeigt – ein Portrait über den jamaikanisch-britischen Kulturtheoretiker. Heuer werden wir erstmalig eine Afro-Futurism Kurzfilmreihe zeigen, dafür wurden fünf Sci-Fi Filme zusammengestellt. Mit Saul Williams in der Hauptrolle, wird auch der neue Spielfilm von Alain Gomis, »Tey«, der in Dakar spielt, ertmals in Österreich gezeigt werden.
Heuer gibt es eine Kooperation. Wie ist diese zu Stande gekommen?
Die Autorin des Artikels und ich haben uns ausgetauscht und festgestellt, dass eine Woche zuvor 24 Stunden Afrika stattfindet. Damit es zu keinen ungewollten Überschneidungen kommt, haben wir uns gedacht, gezielt zusammen zu arbeiten – von der gegenseitigen Bewerbung über Inhalte, die wir ineinander fließen lassen wie etwa Workshops und einen Teil der Ausstellung »Be yourself – stay Black and Beautiful«, der im Foyer der STWST zu sehen sein wird. Ich bin auch sehr froh eine Expertin mit im Team zu haben.
»24 Stunden Afrika«
Diese, von der Afrikanischen Vernetzungsplattform (AVP) initiierte Veranstaltungsreihe findet heuer zum zweiten Mal statt. In Wien, Linz, Salzburg, Graz und Innsbruck werden am 19./20. September verschiedenste Veranstaltungen von den unterschiedlichsten African Communities durchgeführt.
Das Programm in Linz »Be Yourself!« setzt sich ebenfalls mit der Afrikanischen Diaspora auseinander. Es beinhaltet Diskussionsrunden und Workshops rund um die Ausstellung »Be yourself – stay Black and Beautiful« (19. bis 27. September), welches inhaltlich in das Festival einfließt und einen gemeinsamen Rahmen schafft.
Interview mit Marie-Edwige Hartig, Kuratorin von 24h Afrika Region OÖ
Liebe Marie, worin siehst Du die Wichtigkeit von Events und Festivals dieser Richtung?
Ich finde es irrsinnig wichtig solche Schwerpunkte zu setzen, um ein ganzheitlicheres Bild darzustellen, weil die öffentliche Berichterstattung meist sehr einseitig ist. Ich erachte es als notwendig, ein anderes Bild, ein anderes Afrika zu zeigen, bzw. die Bilder wie ich Afrika erlebe, wahrnehme und kenne zu präsentieren. In Linz geschieht diesbezüglich noch nicht sehr viel, daher sehe ich Treffpunkt Afrika als wichtiges Festival in der Linzer Kunst- und Kulturszene.
Was sind Deine Themenschwerpunkte?
Der Überbau von 24h Afrika ist die Schönheit Afrikas und das Schwarzsein in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. Die Ausstellung
»Be yourself – stay Black and Beautiful« bildet den Kern der Veranstaltungsreihe vom 19. - 27. September. Schwarze Menschen, die hier beheimatet sind, werden portraitiert und die schwarze Ästhetik einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Wir wollen mit der Ausstellung den öffentlichen Raum einnehmen, als schwarze Diaspora sichtbar sein, um mehr Selbstbewusstsein zu vermitteln. Gleichzeitig sollen die sozio-kulturellen Aspekte, aber besonders die gesundheitlichen Gefahren der »Hautaufhellung« (»toning«, »bleaching«) vor breitem Publikum mit Fachexpertinnen thematisiert werden. Dies ist kein Afrika-spezifisches Phänomen, sondern ist rund um den Globus beobachtbar. Mir ist es wichtig dies aufzuzeigen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Wir wollen mit der Veranstaltung »Taste the African Hairstyle« den Besucherinnen mit Tipps und Tricks zur Pflege und zum Styling von krausem oder stark gelocktem Haar zur Seite stehen. Der Schwerpunkt ist der positive Umgang mit dem Schwarzsein!
Kann es sein, dass in Subkulturen, wo verstärkt »Styles« und »Hipness« im Vordergrund stehen, »bleaching« kein Thema ist?
Es kann sein, dass in Subkulturen ein stärkeres Bewusstsein über das »Schwarzsein« vorhanden ist und dass andere Werte gelebt werden. Personen in Subkulturen verfügen mit höherer Wahrscheinlichkeit auch über mehr Selbstbewusstsein und geringere Anpassungstendenzen.
Ist es auch eine Kritik am Kolonialismus? Da Du vorhin erwähnt hast, dass am afrikanischen Kontinent das »bleaching« weit verbreitet ist, obwohl die Mehrheitsgesellschaft schwarz ist. Im Kolonialismus war das Schönheitsideal, weiß zu sein und das sitzt noch immer tief.
Ja, sehe ich auch so! In Subkulturen zählen andere Werte wie Kreativität und Einzigartigkeit viel mehr, und weniger das Bestreben gesellschaftlich wie auch beruflich aufzusteigen. In anderen Bereichen hat die Thematik der sozialen Durchlässigkeit einen viel stärker Einfluss (je heller eine Person ist, desto eher kann diese aufsteigen) als in Subkulturen.
Gibt es Veränderungen hinsichtlich gesellschaftlicher Strukturen, wird es schlimmer, bleibt es gleich?
Der Trend hält noch ungebrochen an. Wir können aber von heute auf morgen keine Veränderungen herbeiführen, aber ein Bewusstsein dafür schaffen, bei Schwarzen wie auch Weißen. Ein Bewusstsein über die weiße Vorherrschaft und wie sie sich manifestiert. Wir können den Menschen Mut zusprechen, sie in ihren Lebenssituationen so zu unterstützen, dass die »Notwendigkeit« des »bleaching« aus gesellschaftlicher Sicht nicht mehr gegeben ist.