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»Sie sehen hier in diesen Behältern achthundertundsiebenundzwanzig parlamentarische Anfragen. Und diese achthundertundsiebenundzwanzig parlamentarischen Anfragen, die werden wir heute in der Parlamentsdirektion abgeben. Und jede einzelne dieser achthundertundsiebenundzwanzig parlamentarischen Anfragen hat die Corona-Aufarbeitung zum Gegenstand.« (Herbert Kickl, FPÖ-Pressekonferenz am 6.5.2025)

»Mein Herr, was wollen Sie von mir? Mich auf meinen Beruf vorbereiten? Ich habe alle Hände voll zu thun, ich weiß mir vor Arbeit nicht zu helfen. Sehen Sie, erst habe ich auf den Stein hier dreihundertfünfundsechzig Mal hintereinander zu spucken. Haben Sie das noch nicht probirt?« (Georg Büchner, Leonce und Lena, 1836)

»Ich habe dir schon hundertmal gesagt, daß wir ein gutes Werk thun. Nimm die Hacke, András!« (Karl May, In den Schluchten des Balkan, 1892)

Politik gibt sich – vor allem in stürmischen Zeiten – gerne bibelfest: Eine rechtsextreme Partei plakatiert mit »Euer Wille geschehe« eine Paraphrase auf das Vaterunser (Mt 6,10) und manch sozialdemokratische Partei konnte sich (wie diverse Lenin-Fanclubs links von ihr) nie vom Satz »Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen« aus den Paulus-Briefen (2Thess 3,10) lossagen, den bereits August Bebel 1879 zustimmend zitierte. Aber die Stelle, die als das Motto kapitalistischer Dauerkrisenverwaltung gelten kann, stammt aus dem Matthäus-Evangelium: »Denn wer hat, dem wird gegeben und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.« (Mt 13,12) Während den einen (Rheinmetall, Lockheed, Leonardo, etc) der Bimbes aus »Sondervermögen« direkt in den Arsch geschoben wird, weil ins Maul nichts mehr reinpasst, profitieren andere (GAFAM) von der technologiepolitischen Großwetterlage, in der sie als Gottheiten die Elemente kontrollieren, von einem Großteil der Menschheit mittels Clicks angebetet und mit Daten gefüttert werden. Genommen wird dann denen, die sich schlecht wehren können. Bevor das jetzt in eine Debatte – und damit zu weit – führt, inwieweit irgendwelche Kuchen anders gestückelt oder ganze Bäckereien in Besitz genommen werden müssten, kommen wir zum Inhalt dieser Ausgabe:

Mehrere Beiträge behandeln unterschiedliche Facetten des Themenkreises Big-Tech(Fascism) sowie die Alternativen dazu und kommen von Barbara Eder, Aileen Derieg, Svenna Triebler und Davide Bevilacqua – der Frage nach der Offenheit von KI widmet sich Michael Aschauer. Fazit: Oligarchen-Software nachzueifern, um vermeintliche menschliche Grundbedürfnisse nach unaufgeforderter Befindlichkeitsentäußerung und Schimpfklatsch zu bedienen, wird nicht reichen.

Eine kritische Theorie der Meinung entwirft Eric-John Russell, Magnus Klaue analysiert die Unterschiede zwischen historischer Provenienzforschung und kulturwissenschaftlichem »Material Turn« und Marcel Matthies setzt sich kritisch mit dem Audiowalk in der Gedenkstätte Buchenwald auseinander.

Auch aus der Stadtwerkstatt gibt es Verschiedenes zu berichten: Am 22.5. gastierten im Saal Lydia Lunch und Marc Hurtado mit einem Programm bestehend aus Suicide & Alan Vega Songs – Grund genug für heinrichantonschule, die Künstlerin zu porträtieren.

Etwas länger her ist das Engagement von Gudrun Bielz & Ruth Schnell in der Stadtwerkstatt, wir sprechen konkret von den frühen 1980er Jahren – Tanja Brandmayr interviewt die beiden Künstlerinnen, deren Computerarbeiten unlängst im Rahmen der Ausstellung »Radical Software« in der Kunsthalle Wien zu sehen waren.

Am 15. Juni erscheint auch noch die neue STWST-Communitywährung Gibling Ed. 14, die ebenfalls im Heft abgebildet wird: Der diesjährige, feministische Gibling des temporär gebildeten KOLLEKTIV HERZBLUTWIESE verweist auf mehr, das noch kommt dieses Jahr. In diesem Zusammenhang ist auch das Cover zu sehen, das Sabine Bitter auf einem der Gibling-Scheine abbildet: Ebenfalls in den 1980er Jahren hat die Künstlerin und Theoretikerin in  Beziehung zur STWST gestanden. Als Teil des Kollektivs mitgestaltet hat diesen Gibling übrigens Astrid Benzer, ebenfalls großartige Grafikerin der Versorgerin – das muss auch mal erwähnt werden.

Und sonst wollen wir noch auf ein Announcement verweisen: STWST84x11 FOG MANIFESTO findet als Kunst-, Medien- und Vernebelungsspektakel und als großflächiges Fogging Around Anfang September statt. Save the Date.

die Unterschriftleitung

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