Was bisher geschah:
Die Punkaustria ist keine Tochterfirma der Uni Credit, sondern die Zentralpunk der Stadtwerkstatt Linz. Sie forscht an künstlichen Wertesystemen und sieht sich im Kontext der Prozesskunst. Voraussetzung für das Thema Geld: Man bezeichnet unser herkömmliches Geld auch als Fiat-Geld, ein Geld, das eigentlich »aus dem Nichts« geschaffen wird. (Wikipedia -> Fiatgeld)
Die Wertschöpfungskette:
Die Punkaustria initierte dazu vor einigen Jahren ein neues Währungsystem, den Gibling. Ein alternatives umlaufgesichertes reales »Geld« mit einem Nominalwert von 1:1 zum EURO.
Jedes Jahr gestaltet eine andere KünstlerIn den Gibling:
2012 Ona Valarie Schager
2013 Leo Schatzl
2014 Deborah Sengl
2015 Michael Aschauer
2016 Judith Fegerl
2017 Julius Deutschbauer
2018 Eva Grün
Die wichtigsten Fakten dazu: Durch die Umlaufsicherung nimmt der Nominalwert jeder Ausgabe jährlich ab. Der Wert der jeweiligen Edition löst sich in sechs Jahren auf. Damit soll erreicht werden, dass Geld nicht »gehortet« werden kann.
Es gab auch zwei Sondereditionen zum Thema der künstlichen Werte:
2015 Michael Aschauer: »Der 0 Euroschein«. Durchnummerierte Auflage, 3x200 Stk.
2016 Thomas Lehner: Der »399.90er Gibling« als geringwertiges wirtschaftliches Gut. Auflage 399 Stk.
Beide Sondereditionen haben nur Sammlerwert.
Grundsätzlich werden also Giblinge mit EURO-Nominalwert in 1er, 2er, 5er und 500ter Scheinen gedruckt. Die Giblinge sind als Zahlungsmittel in ca. 70 Geschäftslokalen in Wien, Graz und Linz gültig. Jährlich sind bis zu 8000 Giblinge im Umlauf und werden trotz Wertverlust auch gesammelt. (siehe punkaustria.at)
DIE BLOCKCHAINS der Punkaustria: GiveCoin und XGiveCoin
Ab 2013 gab es den mobilen Punk-o-maten als Wechselstube des Giblings und als »Paperwallethandelsplatz« für Bitcoins. 2013 wurde zum Thema »Bitcoin vs Gibling« im MUQUA Wien eine Diskussionsrunde mit dem Verein Bitcoin Austria durchgeführt. 2017 nahm das RIAT Blockchain Institut diesen Event bei einer Präsentation in Alpbach auf, und stellte Bezug zur Bitcoinentwicklung her.
2014 wurde der Genesis-Block des Givecoins geschrieben. Die Blöcke des Givecoins werden alle 10 Minuten erzeugt und es werden insgesamt 21 Millionen Givecoins ergzeugt werden. Der Givecoin wird nur von Mitgliedern der Punkaustria errechnet, »gemined«. Die einzelnen Givecoins dieser Blockchain werden in Private-KEYs gewandelt und durch die Punkaustria auf Giblinge oder andere FIAT-Geldscheine gedruckt. Als Beispiel des Private-KEYs ist hier in der Versorgerin der Private-KEY von 500 Givecoins abgedruckt, der normalerweise auf einen 500-Gibling- oder 500-Euroschein gedruckt werden würde.
Dieser »Private-KEY für unsere LeserInnen« lautet:
Kyn5QFYT1YU5PaEtG79bCniiuDe2DU4LwAXVCdyQ5ziN2rhA2xZg
(Der/die erste LeserIn, der/die diesen Code in das WebWallet überträgt, bekommt diese 500 Giblinge)
Über das WebWallet der Punkaustria.at kann dieser »KEY« wieder in die Welt der Blockchain rückgeführt werden und verliert damit seinen Givecoinwert.
Ende 2018 wurde der Genesisblock des XGiveCoins in eine weitere Blockchain geschrieben. Diese Blockchain hat einen total anonyomen Algorithmus und ermöglicht ein Handelsverhältnis zu den »anderen Cryptowährungen«.
Der Givecoin wird ab 2019 im Verhältnis 1:1000 in XGiveCoins getauscht. Der XGiveCoin kann derzeit aber auch noch normal geschürft (gemined) werden. Aus Umweltgründen ist aber einer der Meilensteine des XGiveCoins: Der Winter-Algo. Durch diesen Algorithmus ist es nur möglich, den XGiveCoin Winter zu minen.
Gespräch mit Thomas K.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass mit der Technologie der Information etwas schiefläuft. Werte verschieben sich. Das Infolab der Stadtwerkstatt hat sich als Ziel gesetzt, diese Schieflage zu analysieren. Dazu habe ich ein Gespräch mit Thomas K geführt. Die XGiveCoin-Blockchains sind eine Weiterentwicklung des Giblings. Wir versuchen, die Probleme dieser Entwicklungen zu erörtern. Im Mittelpunkt des Gesprächs stehen technologische Entwicklungen, Blockchains und die Möglichkeit, den Umgang mit Information in einem gesellschaftspolitischen Kontext zu abstrahieren (Prozess-Kunst).
Franz Xaver: Hallo Thomas. Wir haben uns nur einmal kurz auf dem Salonschiff Florentine und unserem Messschiff Eleonore gesehen. Ich muss dich zuerst informieren, woran ich in der STWST die letzten Jahre gearbeitet habe, bzw. wo ich noch den Faden von der Medienkunst vor 35 Jahren bis zu den aktuellen Medien und Technologien der Gegenwart sehe – vom Medienmonopol des Staates zum Medienmonopol des Internets. In der Mitte der 90er Jahre sehe ich deutlich einen Pradigmenwechsel, bei dem kein Stein auf dem anderen blieb, von den Pushmedien zu den Pullmedien. Ein weiter Weg in einer viel zu kurzen Zeit. Viele Leute sind ja der Meinung, es hat vor dem Internet keine KünstlerInnen gegeben, die sich mit den neuen Medien beschäftigt haben. Ich darf nur an die Geschichte der Stadtwerkstatt erinnern, die in dieser Zeit die beiden Medienvereine Radio FRO und servus.at gründete.
Ich habe in den Jahren 1987 bis 1995 mit der Stadtwerkstatt zusammengearbeitet und bin dann erst 2008 wieder zur Stadtwerkstatt gekommen. 2012 habe ich dann das Infolab initiert, in dem die Informationstechno-logie kritisch hinterfragt werden soll. Zwischen uns liegt eine ganze Generation, deshalb interessiert mich deine Perspektive auf unsere Informationsgesellschaft und ihre Technologie.
Ich denke, du solltest dich auch unseren LeserInnen vorstellen.
Thomas K: Hallo Franz. Mein erster Kontakt zur Informationstechnologie waren damals die 286er-Computer. Ich schätze, das war sogar noch vor 1990. Mit 28.8k-Modem habe ich Mitte der 90er die (noch) Schilling meiner Eltern verbraten, um minutenweise (ich wählte damals für jede Seite ein und aus, um Geld zu sparen) großteils Textonly-Seiten im Internet zu downloaden. Damals gab es keine großen Suchmaschinen und das Internet war auch noch sehr jungfräulich, noch nicht so von Firmen und Geld belagert. Es gab ein Gefühl der Freiheit, an das ich mich zu erinnern glaube. Ein paar Jahre später bekam ich meinen ersten eigenen PC und Internet. Ich habe meine Affinität zur Technik nie wieder abgelegt und bin jetzt als selbständiger ITler gerade im Begriff, eine IT-Firma aufzubauen. Ich habe mich durch das Verständnis der Technik automatisch für Datenschutz und Datensicherheit interessiert. Wie man digitale Burgen baut und sie schützt. Seit einigen Jahren liegt mein Interesse verstärkt auf dem Phänomen digitale Währungen.
Das alles ist nun 30 Jahre her. Die Utopien haben sich in 30 Jahren voll verschoben. Durch die Layertechnologie des Internets hat es meiner Meinung nach damals nicht nur den MedienkünstlerInnen den Boden unter den Füßen wegezogen, es war vielleicht sogar der Zeitpunkt, bei dem die gesamte menschliche Spezies die Kontrolle über ihre technologische Errungenschaft verlor. Unterhalb dem Layer3 dieses neuen Informationsnetzes waren keine Manipulationen mehr möglich. Das Netz funktionierte, und konnte auch unter diesem Layer nicht mehr angegriffen werden. Ich sage mal provokant: Es war vielleicht der erste Schritt, die Funktion des Netzes höher zu bewerten als die Information, die im Netz transportiert werden sollte. Nun, 30 Jahre danach, arbeiten wir an neuen Layern und Systemen. Die Algorithmen haben uns inzwischen voll im Würgegriff und erzeugen über zusammenhängende Blöcke und über über Algorithmen (SHA) neue Wahrheiten. Diese Wahrheiten erzeugen nun Werte, die sich in unserem Alltag bestätigen und inzwischen auf unseren Börsen gehandelt werden. In diesen Blöcken können nun auch zusätzlich »Smart Contracts« versehen werden. Also Verträge, die über Algorithmen dynamisch eingesetzt werden können. Was bieten für dich »Smart Contracts«?
»Smart Contract« ist inzwischen zu einem Modewort verkommen. Aus einer IT-Sicht sind diese »Verträge« nur einfache Computerprogramme, die einen global abgesicherten Zustand verändern. Das Spannende ist, dass dieser globale Zustand für jeden sichtbar und für jeden mit ausreichender Berechtigung (Coins oder Signatur), verändert werden kann. Diesem Zustand kann man wegen der nachvollziehbaren Protokolle und öffentlichen Veränderung Vertrauen schenken. Dadurch ergibt sich aus dem Computerprogramm eine Art Vertrag, der die Möglichkeit erschafft, Prozesse abzubilden, die bisher in unserer Gesellschaft Vertrauen benötigt haben, z.B. aber nicht nur Grundbücher, Banken, Finanzverträge, Märkte oder Währungen. Das Vertrauen in diese Institutionen wurde in der Menschheitsgeschichte über kurz oder lang ausgenutzt. Deswegen ergibt sich hier eine neue Möglichkeit zur Verflachung der Hierarchien und Verantwortlichkeiten, jedoch darf hier nicht nur rein auf das Technische vertraut werden. Es ist nötig, historisch gewachsene Rechtssysteme und Gesellschaftssysteme hier einfließen zu lassen, um diesen neuen Systemen Legitimität zu geben.
Glaubst du, werden wir mit diesen Verträgen in Zukunft automatisch konfrontiert oder braucht es wieder Politikerinnen, die diese neue Möglichkeit wahrnehmen? Es gibt ja sehr viele Beamte eines Staates, die sich um die Umsetzung von Gesetzen kümmern. Könnte diese Umsetzung in Zukunft in solche »Verträge« ausgelagert werden?
Es etablieren sich jetzt schon, in dieser kleine Szene, Personen als Sprachrohre und MeinungsmacherInnen. Auch verschiedene Klassen an MitstreiterInnen gibt es, wie Developer, KryptographInnen, User, Influencer, oder Marketing-Leute. Langfristig sind alle Systeme einer gewissen Hierarchie unterworfen, da nicht jeder alles verstehen kann. Der/die DeveloperIn vertraut den MathematikerInnen, dass die Verschlüsselungsfunktionen sicher sind. Die User trauen den Developern, dass der Code tut, was er tun soll. Dieser ganze Diskurs wird durch Opensource-Software und Diskussions-Plattformen unterstützt. Ich würde sagen – eine neue Version der Politik. Zu deiner Frage, ich glaube nicht, dass Smart Contracts uns diese Hierarchie ersparen werden, dafür ist der Mensch meist zu abgelenkt, deswegen delegiert man meist - für einen selbst komplexe - Entscheidungen.
Ich sehe uns in einer globalen Krise. Ich sehe immer mehr resignierende Personen in meinem Umfeld, Personen, die aufgegeben haben, diese Informationsgesellschaft zu reflektieren. Es verschwinden im Moment die KünstlerInnen und der sogenannte Intellekt - und es bleibt ein unreflektierbarer Brei an Personen in dieser unrühmlichen Weltgeschichte. Die Informationtechnologie ist für viele zu komplex geworden, sie wird alleinig vom Kaptital genutzt, um Macht weiter zu konzentrieren. Nun werden mit den Blockchains neue Möglickeiten geschaffen, um »Wahrheiten« und »Werte« zu »konstruieren« und ich fände es wichtig, hier nochmals einen Fuß in die Tür zu bekommen. Deshalb haben wir 2014 die Blockchain Givecoin initiert - ab dem 26.2.2019 wollen wir den XGiveCoin präsentieren. Ein Zusammenspiel, eine Wertschöpfungskette im Kunskontext zwischen FIAT-Geld, Givecoin und XGiveCoin.
Dieses System soll die Anliegen unseres Infolabs unterstützen und weiter Handlungen ermöglichen. Grundätzlich geht es im Infolab um die Erforschung der Information, um das Wesen der Information. Die Information sehe ich als Triebfeder der Evolution. Wo sie hinführt, wissen wir nicht. Im Moment befinden wir uns in der Tür zu einer neuen Welt, in der die Information eine wichtige Rolle spielen wird. Die Information hat eine Technologie – und die ist zu hinterfragen. Claude Shannon als Informationstheoretiker zu bezeichnen finde ich als der größten Fehler, den wir in der Geschichte der Nachrichtentechnik gemacht haben. Wir brauchen einen weiteren Betrachtungshorizont. Neben einer wirklichen Informationstheorie brauchen wir keine Nachrichtentheorie, die uns die Welt erklären will. Wir müssen diese neue Welt rechtzeitig erkennen um uns nicht vollständig auszuliefern.
Ich finde eine Auseinandersetzung mit diesen neuen Protokollen aus einer nicht-technischen Sicht wichtig und schon längst überfällig. Während die Techniker, Mathematiker und zum Teil auch schon Juristen sich dieser neuen Systeme annehmen, ist der Diskurs in der »Normal«-Bevölkerung weitestgehend nicht angekommen oder dreht sich ausschließlich um spekulative Geldwerte. Auch die Politik diskutiert das Thema wegen des gesellschaftlichen Desinteresses zu technokratisch und abstrakt. Als ob Technologie automatisch die Lösung aller unserer Probleme wäre. Diese hochkomplexen Themen für die Masse interessant zu gestalten, ist die Aufgabe der Kunst und dafür braucht es einen Austausch zwischen Technikern, Wissenschaftlern und Kunstschaffenden. Es bleibt höchst spannend.
Na dann, lass uns was tun.