»The name of the new religion is Submission; now Abu Simbel decrees that its adherents must submit to being sequestered in the most wretched, hovel-filled quarter of the city; to a curfew; to a ban on employment. And there are many physical assaults, women spat upon in shops, the manhandling of the faithful by the gangs of young turks whom the Grandee secretly controls, fire thrown at night through a window to land amongst unwary sleepers. And, by one of the familiar paradoxes of history, the numbers of the faithful multiply, like a crop that miraculously flourishes as conditions of soil and climate grow worse and worse.« (Salman Rushdie, The Satanic Verses)
Bereits kurz nachdem ein 24-Jähriger versucht hatte, die Fatwa gegen Salman Rushdie durch seine Ermordung zu vollstrecken, formierte sich im globalen Dorfdeppen-Konvent der Asocial Medias die »but-brigade«: Diesen Ausdruck hat Salman Rushdie 2015 selbst verwendet, um damit diejenigen zu bezeichnen, die sich nach den Anschlägen auf die Redaktion von »Charlie Hebdo« im Vordersatz als unbedingte Verteidiger der Redefreiheit gaben, aber mit »but« den Nachsatz einleiteten, dass das Satiremagazin zu weit gegangen sei und damit Teilschuld an der Ermordung seiner Mitarbeiter trage. Analog beim Angriff auf Rushdie: Wer religiöse Gefühle verletzt, brauche sich nicht zu wundern, wenn…
Dann natürlich gab es diejenigen, deren größte Sorge nicht dem Leben des Autors galt, sondern der Frage, ob der Angriff auf ihn jetzt eine Welle von »Islamophobie« auslösen würde. Der Zwang, den viele zur Rechtfertigung dessen verspüren, was nicht zu rechtfertigen ist, ist immer wieder frappierend: So wird fundamentalistischer Terror zur Selbstverteidigung und ein Krieg zum Instrument für die Wahrung von Sicherheitsinter-essen. Reflexhafte Parteinahme für gegebene Alternativen wäre durch Reflexion auf deren Bedingtheit und Kritik ihrer Grundlagen zu ersetzen.
Darauf zielt Gerhard Scheit in seinem neuen Buch ab, in dem er auf Basis der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie, aber auch der kritischen Theorie Adornos und Horkheimers, u.a. die Verschränktheit von staatlicher Souveränität und Weltmarkt ausformuliert – Philip Zahner hat mit ihm darüber gesprochen. Mit dem, in den Schriften von Marx und Engels bisweilen verwendeten – aber nicht auf diese beschränkten –, Begriff des »Lumpenproletariats« und seiner Geschichte wiederum hat sich Christopher Wimmer eingehend beschäftigt, weshalb ihn Paul Schuberth dazu befragt hat. Auch Überlegungen zur Begrenztheit natürlicher Ressourcen finden sich bei Marx – Maximilian Hauer spannt den Bogen weiter von den Utopien eines Thomas Morus zur Ausblendung gesellschaftlicher Bedingungen bei der Debatte um den Einsatz verschiedenster Methoden des Geoengineerings. Mathias Beschorner kommt in seiner Besprechung einer umfassenden Monografie zum Thema Postwachstum zum Schluss, dass darin die Kritik an diesen Ansätzen zu leichtfertig abgetan wird. Malte Gerken stellt einen Sammelband zum Antisemitismus im Nachkriegsösterreich vor und Magnus Klaue erläutert, in welcher Konstellation Melanie Kleins Kinderanalyse in der Zwischenkriegszeit entstand und wie sie rezipiert wurde.
Das zweite Buch dieser Ausgabe ist der diesjährigen Showcase Extravaganza Stwst48x8 gewidmet und dient damit zugleich von 9. bis 11. September als Programmheft. Diesmal tauchen wir unter dem Titel STWST48x8 DEEP. 48 Hours Disconnected Connecting in die dunklen Tiefenzustände ab. Die Texte stammen teilweise von den Artists der Arbeiten selbst – so beschreiben APO33 das Konzept hinter der MEDIA()MESSe in Nantes, Marinos Koutsomichalis versammelt Fragmente aus einer (Ir)realität. Außerdem macht sich Davide Bevilacqua von servus.at Gedanken über Plattformtektoniken mit uns als Wasserläufern auf Netzwerken. Kate Donovan räsoniert über Radiotopia und Stefan Schmitzer fletscht die Anthropozäne.
Im Anti-White-Cube der Stadtwerkstatt mindfrackt
die Redaktion