Zweifelsfrei war im vorangegangen Jahr nicht nur das Klima, sondern auch der AI-Sommer heiß. Die Weiterentwicklung der sogenannten Transformer-basierten Large Language Models löste mit der als Chat-Client verpackten GPT3.5-Variante – ChatGPT – einen derartigen Hype aus, daß OpenAI zum schnellst-wachsenden Onlinedienst der Geschichte wurde und gipfelt aktuell in Kampfansagen der großen Tech-Landlords um die Vorherrschaft bei Suchdienstanbietern, intelligenten Assistenten und ganz allgemein dem Zugang zur digitalen Wissenswelt.
Neben den Textgeneratoren erreichten aber auch die bilderzeugenden Modelle und Verfahren erstmals breite Aufmerksamkeit und ein durchaus beeindruckendes Niveau. Das führte auch zu viel Aufregung in der Kunst. »Die Kunstwelt erlebt die größte Veränderung ihrer Geschichte«, titelte etwa Die Zeit1. Was war passiert?
OpenAI veröffentlichte den Text-zu-Bild-Generator Dall-E 2. Ein von Midjourney generiertes Bild gewann zum ersten Mal einen Kunstpreis. Der mit 300 USD dotierte Preis in der Kategorie digital bearbeiteter Bilder bei der Colorado State Art Fair fällt zwar eher unter Provinzliga, war aber allen Medien bis zur New York Times Schlagzeilen wert.2 Man könnte einwenden, dass auch der berühmte Schachcomputer Deep Blue mit einem gewonnenen Spiel die Bühne betrat und zwar sein erstes Match gegen Gerry Kasparov verlor, ein Jahr später aber triumphierte. Der eigentliche Paukenschlag war die Veröffentlichung von Stable Diffusion mitten im Sommer: Ein Open Source Modell, entwickelt in Kooperation der Computer Vision & Learning research group an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit den Unternehmen Stability AI und Runway ML. Google und Facebook hielten sich vorerst noch bedeckt, zeigten aber mittels ihrer publizierten Papers und Demos, dass sie mindestens genau so viel drauf haben.
Der Einsatz von Maschinen-Lernen und statistischen Algorithmen zur Bildgenerierung in der Kunst ist nicht ganz neu, war aber bis jetzt auf einen Nischen-Einsatz beschränkt – zumeist mit spezifisch für den jeweiligen Einsatz trainierten Generative Adversarial Networks (GANs). Schon 2018 wurden erste Bilder von einer »Künstlichen Intelligenz« bei Christie‘s versteigert, technisch und inhaltlich recht primitive Bilder des bis dahin völlig unbekannten französischen Kollektivs Obvious, für immerhin 432.500 USD3. Inzwischen bespielt der türkisch-amerikanische Künstler Refik Anatol mit seinen GAN’s das MoMA4 in New York und die Grammy Award Show5. AI-Kunst ist im Mainstream angekommen.
Die aktuellen Diffusion-Modelle, die vereinfacht und plakativ gesagt beim Training Bilder sukzessive in Rauschen auflösen, um aus dem Rauschen später schrittweise wieder Bilder zu extrahieren, sind aber erstmals auch Generatoren, die für die breite Nutzer-Masse zugänglich sind. Möglich wird das durch den riesigen Umfang von Trainingsdaten: Der Datensatz LAION-5B, von einem gemeinnützigen Verein in Deutschland zusammengestellt, umfasst 5,85 Milliarden Bilder. Diese Bilder sind vorwiegend aus dem Internet gescrapt: von Pinterest, Flickr, Shutterstock, DeviantArt, Wikimedia, etc. – hier ist fast alles dabei, was sich runterladen lässt und ein geringstes Mindestmaß an Qualität erfüllt6. Die Kosten, um ein System wie Stable Diffusion zu trainieren, liegen bei etwa 600.000 USD7. Also nichts für den Heimgebrauch.
Urheberrechte sind hier nur Neben-Thema. Auch wenn das Nutzen von Bildern als Trainingsmaterial rechtlich durch Fair-Use und Ausnahmeregeln gedeckt zu sein scheint (das maschinelle Lernen ist hier ja nicht unähnlich dem menschlichen, nur um ein Viel-, Vielfaches schneller, oder?), sind Künstler, deren Stil ge- oder missbraucht wird, wenig überraschend, nicht erfreut. Das kann bis zum Vorwurf der Rufschädigung führen.8 Initiativen wie Spawning.io und Have I been trained?9 von den KünstlerInnen Dryhurst and Herndon sind sicher erst der Anfang einer »Resist AI« Bewegung.
Die Aufgabenteilung, wobei gemeinnützige Vereine, Forschungsinstitute und Non-Profits Datensätze zusammenstellen und Modelle entwickeln, während Firmen und Konzerne die Infrastruktur und Finanzierung stellen und später die Ergebnisse kommerzialisieren, scheint jedenfalls programmatisch. Auch OpenAI wandelte sich vom ursprünglich spendenfinanzierten Non-Profit zum Capped-Profit-Unternehmen und zum milliardenschweren Partner von Microsoft. Das weist auch darauf hin, dass man sich durchaus bewusst ist, sich in einer rechtlichen Grauzone zu bewegen. Immerhin werden zahlreiche Fragen aufgeworfen, für die derzeit kein adäquater rechtlicher, ethischer oder moralischer Rahmen existiert.10
Viele der Probleme sind bekannt: Fragen von Urheberrechten, Persönlich-keitsschutz, und Bias – bis zu Rassismus – in den Trainingsdaten: Garbage in, Garbage out. Bias in, Bias out.11 Jedes AI-generierte Bild ist eine Infografik über das Dataset, behauptet Eryk Salvaggio und führt vor, wie das primär auf Stock-Photography trainierte Dall-E an der Herstellung eines Bildes von küssenden Menschen scheitert.12
Aber auch die Replikation und Stärkung von existierenden Machtverhältnissen ist Teil von AI:13 So können sich nur wenige Player den Aufwand leisten, Modelle zu trainieren und zu betreiben. Die manuelle Arbeit hinter der schönen, digitalen Fassade wird von Billiglöhnern geleistet. Unmengen an Daten müssen für Training und menschliches Feedback beschriftet und kategorisiert werden. Insbesondere die Drecksarbeit, die für Moderation und Filterung notwendig ist – das Sichten und Labeln all jener abartigen Dinge, die von niemanden gesehen werden wollen und sollen – wird auf moderne Plantagenarbeiter im globalen Süden (z.B. Kenia) ausgelagert.14
Nachdem die Aura des Originals im Hier und Jetzt durch die technische Reproduzierbarkeit zerstört wurde und der Versuch gescheitert ist, die Einzigartigkeit der Aura durch Besitz und NFTs wiederherzustellen, wird im Zeitalter der künstlichen Produzierbarkeit von Werken auch der Mythos des Autors zerstört: Wer ist nun Urheber? Mensch oder Maschine, Auftraggeber oder Algorithmus? Wird der schaffende Künstler zum Prompt-Engineer degradiert, oder von manueller Arbeit emanzipiert? Müssen nun auch Künstler und Kreative im Westen um ihre geringen Einkommen bangen? Im Falle von einfachen Illustratoren für Weblogs, die nach sich wiederholenden Mustern verfahren, mit Sicherheit. Wenn Silicon Valley CEOs von »unlocking human potential« sprechen, ist immer Gefahr in Verzug.
Pandoras Box ist jedoch geöffnet worden15 und wird sich kaum mehr schließen lassen. Werden die wachsenden Bildgeneratoren die Kreativität beflügeln, wie die AI-Apostel behaupten oder zu einer Flut von Varianten des Immergleichen führen?
Werden Dall-E, Midjourney und Co die perfekten Visuals liefern für die eloquente Dampfplauderei und das Mansplaining von ChatGPT und Googles Bard16? Oder wird AI-Bildkunst in ihrer eigenen Blase ersticken, weil sie durch das im Internet gesammelte Trainingsmaterial zunehmend inzestuös ihre eigenen Resultate kannibalisiert?17 Wir wissen es (noch) nicht.
Wird künstliche Intelligenz demnächst endgültig die menschliche überflügeln? Muss man Angst haben, zum Untertan der AGI, der Artificial General Intelligence zu werden, die gerne von ins All fliegenden Milliardären in Aussicht gestellt wird? Abgesehen davon, daß es heute für den Großteil der Menschheit schlichtweg egal wäre, ob sie von einer künstlichen oder einer menschlichen Intelligenz ausgebeutet würde: Auch davon sind wir – dem Hype zum Trotz – noch weit entfernt. Interessant wird es sicher dann, wenn Modelle beginnen, ihren eigenen Code zu programmieren. Das Erschreckende an der künstlichen Intelligenz heute ist ihre Unintelligenz, bzw. die Unintelligenz und die künstliche Aufregung bei ihrer Anwendung. In vielen Bereichen übertrifft die maschinelle Leistungsfähigkeit längst die menschliche, und der Einsatz von KI-Systemen prägt jetzt schon unseren Alltag, im Schlechten, wie im Guten: Um die Probleme unserer Zeit zu lösen, brauchen wir jede Form von Intelligenz, die wir kriegen können.
Bis heute fehlt es an einer einheitlichen Definition dessen, was Intelligenz eigentlich ist und was dann eine künstliche ausmacht. Jedes derartige Vorhaben wird ignorant aus einer menschlichen Perspektive unternommen. Nicht nur die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unserer Welt, auch die Grenzen unserer Sinne sind die Grenzen unseres Verständnisses von Intelligenz. James Bridle bringt in seinem neuesten Buch zahlreiche Beispiele dafür. Er spricht von der nicht-menschlichen Intelligenz und postuliert eine Offenheit und Zusammenarbeit von tierischer, maschineller, sowie künstlicher und menschlicher Intelligenz.18
James Lovelock, der Erfinder der Gaia-Hypothese (nach der die Erde als eine Art von Lebewesen verstanden werden könne) geht noch etwas weiter und schreibt als fast 100-Jähriger, dass wir uns noch gerade rechtzeitig gerettet haben, indem wir gleichzeitig als Eltern und Geburtshelfer der Cyborgs agieren. Sie allein können Gaia durch die astronomischen Krisen führen, die nun bevorstehen. Laut ihm wird das Anthropozän erdgeschichtlich sehr kurz ausfallen und vom beginnenden Novozän abgelöst, in dem die elektronischen Lebensformen dominieren werden und der Mensch die Krone der Schöpfung wird abgeben müssen. Die Darwin’sche natürliche Selektion wird durch eine vielfach schnellere intentionale abgelöst.19
Vielleicht ist das endgültige Ziel intelligenten Lebens die Umwandlung des Kosmos in Information, schreibt Lovelock. Könnte er damit die Rolle der Kunst im Zeitalter der künstlichen Produzierbarkeit meinen?
Im Kontext von Krieg in Europa lohnt es sich aber auch, Walter Benjamin wieder aus dem Archiv holen: Nur der Krieg, schreibt er, macht es möglich, sämtliche technischen Mittel der Gegenwart unter Wahrung der Eigentumsverhältnisse zu mobilisieren. Der Krieg, und nur der Krieg, macht es möglich, Massenbewegungen größten Maßstabs unter Wahrung der überkommenen Eigentumsverhältnisse ein Ziel zu geben. Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser eine Punkt ist der Krieg. Der Faschismus erwartet vom Kriege die künstlerische Befriedigung der von der Technik veränderten Sinnes-wahrnehmung. Das ist die Vollendung des l’art pour l’art20 - und die perfekte Spielwiese für »KI«.
Mit generativer KI-Kunst wird jedenfalls ein Prozess fortgesetzt: Die Liquidierung des Traditionswertes am Kulturerbe. Nachdem der Schein der Autonomie der Kunst durch die technische Re-Produzierbarkeit erlosch, emanzipiert die technische Produzierbarkeit und künstliche Generierbarkeit die Kunst noch mehr von ihrem parasitären Dasein am Ritual, vielleicht auch endlich von ihrem Ausstellungswert. Anstelle der Fundierung im Ritual tritt einmal mehr ihre Fundierung in einer anderen Praxis: ihre Fundierung in der Politik.21
------------------------------
Österreichischer Künstler erschafft KI-Zeitung, um Fake News und sozioökonomische Bedingungen zu beleuchten
Paris, Wien - Der österreichische Künstler Michael Aschauer hat mit The Synthetic Times eine bahnbrechende KI-Zeitung geschaffen, die die Art und Weise, wie wir über Nachrichten und ihre Rolle in der Gesellschaft denken, revolutionieren soll. Die Synthetic Times ist eine von künstlicher Intelligenz betriebene Zeitung, die eine einzigartige Perspektive auf aktuelle Ereignisse, Fake News und sozioökonomische Bedingungen bietet. Die Synthetic Times ist anders als jede andere Zeitung. Sie wird von einem KI-Algorithmus angetrieben, der in der Lage ist, Daten aus verschiedenen Quellen zu analysieren und Inhalte zu generieren, die sowohl aufschlussreich sind als auch zum Nachdenken anregen. Die Synthetic Times soll den Lesern die Möglichkeit geben, die komplexen Themen zu erforschen und zu diskutieren, die unsere heutige Welt prägen, wie etwa Fake News, Ungleichheit und die Macht der Technologie. Michael Aschauer, der Schöpfer von The Synthetic Times, kommentiert: »Ich wollte eine Zeitung schaffen, die unsere vorgefassten Meinungen über Nachrichten in Frage stellt und eine Plattform für nachdenkliche Diskussionen bietet. Ich glaube, dass The Synthetic Times das Potenzial hat, Gespräche anzustoßen, die zu einem positiven Wandel in unserer Gesellschaft beitragen können.«
Presseerklärung geschrieben von GPT3
Übersetzt von DeepL
Aufträge von Michael Aschauer an die AI
The Synthetic Times, Japan‘s H3 Rocket Launch Aborted Due to Booster Engine Glitch
The Synthetic Times, Unlock a Green Future: Europe Must Follow Biden‘s Lead!
The Synthetic Times, How to Get Rid of a Headache Fast