Der Begriff Hauntologie definiert dabei eine Reihe von Ideen, die sich auf die Rückkehr oder das Fortbestehen von Elementen aus der sozialen oder kulturellen Vergangenheit beziehen, als würden sie die Gegenwart heimsuchen. Die Begriffe der Heimsuchung und des Spuks treffen dabei auf viele Entwicklungen der Gegenwart auf bizarre und schreckliche Weise zu: Im Dauerzustand der Multikrisen denken nicht mehr wir die Krise, sondern die Multikrisen denken uns. Und sie suchen uns heim. Wir sprechen von Krieg, dem Niedergang demokratischer Sphären, der strukturellen Gewalt des Technokapitalismus, vom ökologischen Desaster.
Hauntologien vermögen aber auch positive Heimsuchungen zu generieren. Dies meint etwa kulturelle Identitätskonzepte, die in die Vergangenheit verlegt werden, auf dass ihre Realität oder Fiktion die Gegenwart auf bessere Weise erreichen möge. Sprich, als Fiction: Sun Ra kommt vom Saturn. Oder, in visionärer Vorausschau: Die Antifa schlägt den Trumpismus nieder und weitet ihren Widerstand global bis interstellar aus. Der Stadtwerkstatt geht es also auch um ein Beschwören von hilfreicher, tatsächlicher oder gut platzierter Ideengeschichte, die zwischen Kunst, Politik, Theorie und SF und allem, was zwischen Fake und Fact als gut und richtig erscheint, noch aufgescheucht werden will.
Wir sind an Hauntologien interessiert, deren Geister sich in unterschiedlicher Form im Bewusstsein manifestieren mögen: Etwa als Ideen, die in Ritzen, Winkeln oder als unsichtbar über uns schwebende Wolken überdauert haben, um – verwandelt oder nicht – erneut Gestalt anzunehmen.
Die Uneindeutigkeit und Breite, die dem Begriff der Hauntologie innewohnt, kommt der Idee entgegen, den Ansatz auch auf den Begriff der Medien zu erweitern – und auf Kontexte von Technologie und ihrer Nutzung. Es seien hier genannt: diffuse Phänomene, Maschinen-Halluzinationen, der Spuk des Algorithmus, die endlosen Loops und die untoten Streams of Contents sowie die zunehmend überall integrierten und deshalb unsichtbarer gewordenen Medien, Medialitäten und Daten-Entitäten: Es sollen neue Erzählräume, neue Spukmaschinen, fluide Geister-Entitäten sowie neue Software und Wetware gegenübergestellt werden.
Feedbackschleifen, Untergangsszenarien, Eskapismus, alte soziale Widersprüche und neue Vision: Zwischen der Halluzination der KI-Systeme und menschlicher Imaginationskraft können die Medien transzendieren: Hier können Medien entweder in Seancen sprechen, oder es spricht die KI mit ihren LLMs. Ja, das Medium ist das Medium! Und mit dem Jahresclaim 2026 wollen wir auch die guten Geister nicht vergessen – und die bessere Geisterbahn für alle beschwören.
Bis Anfang des Jahres 2026 wird ein programmatischer Open Call veröffentlicht, der sich an widerständigen Kunst-, Technologie und Medienproduzent:innen sowie Researcher aus den verschiedenen Feldern richten wird.
Für alle, denen jetzt schon was einfällt – und die es nicht erwarten können: office@stwst.at